Rumänien: Einsamer Abgang eines Streitbaren

Romania´s President Traian Basescu leaves a polling booth at a polling station in Bucharest
Romania´s President Traian Basescu leaves a polling booth at a polling station in Bucharest(c) REUTERS (BOGDAN CRISTEL)
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Auf der Höhe seiner Popularität galt Präsident Basescu als Volkstribun. Doch zum Abschied weint dem geschäftstüchtigen Solisten kaum jemand eine Träne nach.

Belgrad/Bukarest. An seinen potenziellen Nachfolgern lässt Rumäniens scheidender Landesvater Traian Basescu kein gutes Haar. Ob der sozialdemokratische Premier, Victor Ponta, oder dessen deutschstämmiger Rivale Klaus Johannis, die gestern in eine Stichwahl um das Präsidentenamt traten – beide seien „verlogen und des Amts nicht würdig“, rumpelt der 63-jährige Noch-Präsident. Dabei hat der frühere Seekapitän mit seiner kontroversen und selbstherrlichen Amtsführung selbst nachhaltig Kredit verspielt – und auch frühere Mitstreiter verprellt: Dem bevorstehenden Abgang des schillernden Solisten weint im Karpatenstaat kaum mehr jemand eine Träne nach.

Als Kandidat eines konservativen Wahlbündnisses hatte sich der Bürgermeister von Bukarest bei den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2004 überraschend gegen den damaligen sozialdemokratischen Premier, Adrian Nastase, durchgesetzt. Seine Anhänger priesen zunächst Basescus Anstrengungen zum Aufbau einer unabhängigen Justiz. Die Kritik seiner Gegner, dass er seine Verfassungskompetenzen überschreite und sich aktiv ins politische Tagesgeschäft einmische, schadete Basescus Popularität in seiner ersten Amtszeit kaum. Ein erstes von einer Parlamentsmehrheit angestrengtes Referendum zu seiner Amtsenthebung scheiterte 2007 noch klar. 2009 gelang ihm als erstem Präsidenten der Nachwendezeit gegen den Sozialisten Mircea Geoana die knappe Wiederwahl.

Angespanntes Verhältnis

Zu den wechselnden Regierungschefs unter seiner Ägide pflegte der machtbewusste Basescu meist ein eher gespanntes Verhältnis. Mit dem nationalliberalen Premier Calin Tariceanu lag er im Dauerclinch. Ihm nahestehende Parteigänger wie Emil Boc, den heutigen Bürgermeister von Cluj, behandelte er als reine Weisungsempfänger.

Im Herbst 2009 weigerte sich Basescu, den vom Parlament nominierten, damals noch parteilosen Bürgermeister von Sibiu (Klaus Johannis) als Übergangspremier zu benennen. Einen offenen Machtkampf lieferte sich der schillernde Mann der Macht mit dem nicht minder gewieften Strippenzieher Victor Ponta. Der von dem sozialdemokratischen Premier mit fragwürdigen Verfassungstricks angestrengte Volksentscheid zur Amtsenthebung von Basescu scheiterte im Sommer 2012 nur an der etwas zu geringen Wahlbeteiligung: Bis heute sind die Erzrivalen in tiefer Abneigung verbunden.

Gern pflegte sich der selbst ernannte Saubermann als unerbittlicher Streiter gegen die Korruption darzustellen. Selbst verlor Basescu die eigenen Interessen und die seiner Familie indes schon als Bürgermeister von Bukarest nie aus den Augen: In seiner langen Karriere hat sich Basescu einen erstaunlichen Wohlstand verschafft. Zwar hat sich die von ihm initiierte Gründung der von der bürgerlichen PDL abgesplitterten PMP nicht als Erfolg erwiesen. Doch sein auf den 22.Dezember terminierter Abtritt dürfte für den rastlosen Basescu keineswegs den Ruhestand bedeuten: Der kampflustige Exkapitän wird vermutlich erneut um die Führung der zersplitterten Rechten Rumäniens streiten.

Lange Warteschlangen

Bei der gestrigen Stichwahl zwischen Ponta und Johannis bildeten sich vor den Wahllokalen im Ausland lange Warteschlangen. Obwohl bereits beim ersten Wahlgang tausende Rumänen trotz langer Wartezeiten ihre Stimme nicht abgeben konnten und seither bei zahlreichen Straßenprotesten im In- und Ausland korrekte Wahlen eingefordert wurden, richtete das Außenministerium auch nach dem Rücktritt des Außenministers, Titus Corlaţean, keine zusätzlichen Wahllokale im Ausland ein.

Die Opposition wirft der Regierung vor, den Wahlvorgang im Ausland absichtlich behindert zu haben. Die auf über drei Millionen geschätzte rumänische Diaspora wählt gewöhnlich gegen die Sozialdemokraten. Beim ersten Wahlgang hat Johannis die Auslandswahl mit großem Abstand gewonnen – er erhielt über 46 Prozent (gesamt: 30 Prozent) der Stimmen, Ponta demgegenüber nur 15 Prozent (gesamt: 40 Prozent).

Insgesamt sind in Rumänien über 18,3 Millionen Menschen wahlberechtigt, im Ausland weitere 530.000.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2014)

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