Verheirateter Priester liest Messen in Wiener Altenheim

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Herbert Bartl ist einer von 700 Priestern ohne Amt. Der Verheiratete liest Messen - mit Duldung von Kardinal Schönborn, wie er sagt. "Ich bin für die Gemeinde Priester geworden", sagt er.

In Österreich gibt es rund 700 "Priester ohne Amt", also Pfarrer, die wegen eines Verstoßes gegen den Zölibat aus dem Amt entlassen worden sind. Einer von ihnen ist Herbert Bartl: Der geweihte Priester ist seit Jahren verheiratet und liest trotzdem regelmäßig die Messe in einem Altenheim in Wien. "Ich bin nicht für den Papst oder irgendwelche Bischöfe Priester geworden, sondern für die Gemeinde", meinte Bartl.

Mit dem Bekenntnis des oberösterreichischen Pfarrers Josef Friedl zu seiner Lebensgefährtin hat die Diskussion um den Zölibat neuen Schwung bekommen. Rund 700 österreichische Priester hat ein ähnliches Bekenntnis das Amt gekostet. Etwa 20 von ihnen, schätzt Bartl, würden sofort wieder als Pfarrer arbeiten wollen, wenn es die Kirche erlauben würde. "Eine große Anzahl würde es nach einer offiziellen Rehabilitation durch die Amtskirche wieder machen", glaubt Bartl.

Bartl: Keine kritischen Stimmen im Heim

Prinzipiell ist ein Priester, der wegen des Verstoßes gegen den Zölibat aus dem Amt entlassen worden ist, verpflichtet, die Sterbesakramente zu spenden, erklärt Bartl. "Sonst darf er theoretisch gar nichts, wenn man es streng nimmt." Trotzdem liest Bartl "regelmäßig" die Messe in einem Altenheim in Wien. Der eigentliche Seelsorger sei aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes dazu nicht mehr in der Lage.

"Die Menschen dort wissen, dass ich verheiratet bin", erzählt Bartl. Er trage sogar seinen Ehering während der Messe. Stören würde das niemanden, auch nicht die konservativen Katholiken unter ihnen. "Sie freuen sich und sind sehr zufrieden - vor drei Wochen haben wir sogar die Geburt meines Enkelkindes in der Messe gefeiert."

"Stille Duldung" durch Schönborn

Nicht sehr erfreut über die Tätigkeiten der Priester ohne Amt dürfte die Kirchenführung sein. "Mit den Bischöfen gibt es kaum Gespräche", so Bartl. Ab und zu komme es zwar zu Treffen, "aber das ist ein Austausch von Höflichkeiten". Auch Kardinal Christoph Schönborn habe Kenntnis von den Aktivitäten, etwas dagegen gesagt habe er allerdings noch nie, meinte Bartl - eine Art "stille Duldung" seitens des Kardinals.

Den Zölibat hält Bartl nicht für eine theologische oder eine Glaubensfrage, es handle sich um eine "reine Disziplinsache". Bartl vermutet, dass der Vatikan mit einer Aufhebung des Zölibats auch ein Glaubwürdigkeitsproblem befürchtet. Für Friedls Bekenntnis zu seiner Lebensgefährtin ist Bartl "dankbar". Es sei mutig, sich öffentlich zu bekennen. In der Organisation "Priester ohne Amt" sei Friedl jedenfalls "herzlich willkommen", meinte Bartl.

(APA)

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