Schwacher Euro und Ölpreis machen deutschen Firmen Hoffnung

Port Area Ahead Of Hong Kong's Trade Figures
Port Area Ahead Of Hong Kong's Trade FiguresBloomberg
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Zum ersten Mal seit einem halben Jahr hellt sich die Stimmung in den Chefetagen wieder auf. Der Ifo-Index ist überraschend gestiegen.

Sinkende Ölpreise und der schwache Euro nähren in der deutschen Wirtschaft Hoffnungen auf ein Ende der Konjunkturflaute. Zum ersten Mal seit einem halben Jahr hellte sich die Stimmung in den Chefetagen wieder auf. Der Geschäftsklima-Index des Münchner Ifo-Instituts kletterte im November überraschend um 1,5 auf 104,7 Punkte - trotz Russland-Krise und Bahn-Streiks. "Der Abschwung ist zumindest unterbrochen", sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Montag. Die rund 7000 befragten Firmenchefs beurteilten nicht nur die aktuelle Lage optimistischer, sondern auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate.

Ein Grund für die wachsende Zuversicht ist die Abwertung des Euro: Er verlor seit Jahresbeginn rund zehn Prozent, was deutsche Ausfuhren nach Übersee verbilligt. "Vom Exportgeschäft werden weitere Impulse erwartet", sagte Sinn. Der Außenhandel hatte sich zuletzt trotz der Wirtschaftssanktionen gegen Russland und der Konjunkturabkühlung in vielen Schwellenländern positiv entwickelt. Experten erwarten, dass der Euro wegen der anhaltend lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) weiter nachgibt. "Das erfreut die großen und zumeist exportorientierten Unternehmen", sagte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. "Denn sie können dann entweder im Exportgeschäft größere Margen verdienen oder ihre Absatzmenge steigern."

Ölpreis entlastet Unternehmen und Konsumenten

Wie ein Konjunkturprogramm wirkt auch der sinkende Ölpreis, der seit Jahresanfang um 30 Prozent gefallen ist. Verharrt er auf diesem Niveau, entlastet das Unternehmen und Verbraucher im kommenden Jahr nach Berechnungen der Großbank UniCredit um 35 Mrd. Euro. Die Stimmung hellte sich deshalb nicht nur in der Industrie auf, sondern auch im Handel, der auf ein gutes Weihnachtsgeschäft hofft. Trotz dieser günstigen Perspektiven warnt das Ifo-Institut aber vor zu großem Konjunkturoptimismus. "Es ist zu früh, um von einer Trendwende zu sprechen", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe zu Reuters. "Man sollte abwarten, ob sich diese Entwicklung im Dezember fortsetzt."

An den Börsen wurde der Ifo-Anstieg positiv aufgenommen. Der Dax kletterte zeitweise auf den höchsten Stand seit zwei Monaten. Die schlappe Konjunktur hatte zuletzt die Anleger betrübt. Das Bruttoinlandsprodukt(BIP) war im dritten Quartal nur um 0,1 Prozent gewachsen, nachdem es im Frühjahr noch leicht geschrumpft war. Große Sprünge sind vorerst nicht drin, sagte Ifo-Experte Wohlrabe: "Im vierten Quartal erwarten wir unverändert ein Wachstum an der Nulllinie". Das sehen auch andere Ökonomen ganz ähnlich. "Die Unternehmen haben sich damit abgefunden: das Winterhalbjahr bringt kaum Wachstum", sagte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner. "Aber sie hoffen auf den Frühling."

"Kein prägender Einfluss" durch Russland-Krise

Dem Ifo zufolge haben die Unternehmen die Sanktionen gegen Russland inzwischen verdaut. "Die Russland-Krise scheint keinen prägenden Einfluss mehr zu haben", sagte Wohlrabe. Auch die Streiks bei der Deutschen Bahn hätten sich nicht als Stimmungskiller erwiesen. Dagegen belastet die Flaute in der Eurozone - dem wichtigsten Abnehmer deutscher Waren - noch immer. Auch in einstigen Boomländern wie Brasilien und Südafrika läuft es nicht mehr rund.

Wegen der Verunsicherung durch Krisen wie in der Ukraine und im Nahen Osten hatten viele Experten ihre Wachstumsprognosen zuletzt deutlich gesenkt: Für 2014 dürfte es nur noch zu einem Plus von rund 1,2 Prozent reichen. Für das kommende Jahr gehen die Prognosen auseinander. Während die Bundesregierung eine Beschleunigung auf 1,3 Prozent erwartet, rechnen die Wirtschaftsweisen mit einem Rückgang auf 1,0 Prozent.

(APA/Reuters)

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