Nazi-Verbrecher Alois Brunner soll verstorben sein

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FRANCE-TRIAL-BRUNNER-FILE(c) EPA
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Der Österreicher Alois Brunner gilt als "Ingenieur der Endlösung" und ist einer der meistgesuchten Nazi-Verbrecher. Er soll 2009 gestorben sein. Reue zeigte Brunner nie.

Einer der meist gesuchten Nazi-Verbrecher, der gebürtige Österreicher Alois Brunner, soll nach Angaben des Simon Wiesenthal Centers hochbetagt im Jahr 2009 oder 2010 in Damaskus gestorben sein. Das berichtete das israelische Internetportal Ynet am Sonntag.

Der ehemalige SS-Hauptsturmführer soll als "Ingenieur der Endlösung" für den Tod von etwa 130.000 Juden aus mehreren Ländern verantwortlich sein. Zum letzten Mal wurde Brunner angeblich 2001 gesehen. Er war hochrangiger Mitarbeiter des 1962 in Israel hingerichteten SS-Obersturmbannführers Adolf Eichmann.

Unter Schutz des Assad-Regimes

Stichhaltige Beweise für seinen Tod gab es ebenso wenig wie für die letzten Lebensjahrzehnte Brunners, der unter dem Schutz des Assad-Regimes in Syrien gelebt haben soll.

Jahrzehntelang wurde nach Brunner gefahndet. Zweimal (1953 und 1954) wurde er wegen Kriegsverbrechen verurteilt, aber nicht geschnappt. Österreich und Israel hatten bereits 1961, die Bundesrepublik Deutschland 1984 einen Auslieferungsantrag gestellt. Ab 1987 wurde offiziell über Interpol nach ihm gefahndet. Das US-Repräsentantenhaus stellte im April 1991 einen Auslieferungsantrag. Justizministerin Maria Berger setzte 2007 erstmals in Österreich eine Belohnung von 50.000 Euro für Hinweise aus.

Auftrag, Wien von Juden zu "leeren"

Brunner, der 1912 im Burgenland geboren wurde, schloss sich nach dem "Anschluss" Österreichs im März 1938 den Nationalsozialisten an. Er wurde vom Sicherheitsdienst (SD) beauftragt, Wien von den Juden zu "leeren". Eichmann beauftragte seinen "Volksgenossen" mit der Errichtung der "Zentralstelle für jüdische Auswanderung". 1941 beaufsichtigte Brunner in Wien die ersten Massendeportationen, zuerst in Ghettos, dann in die KZ.

Nach einem kurzen Aufenthalt in Wien im Jahr 1942 kam Brunner im März 1943 nach Griechenland, wo er die Deportation der Juden aus Saloniki leitete. Im Juni 1943 wurde Brunner dem Internierungslager von Drancy in Paris zugeteilt. Anschließend begab sich der SS-Hauptsturmführer nach Preßburg, wo er bis Februar 1945 die Deportation von 13.500 slowakischen Juden organisierte.

Dieses Foto soll Alois Brunner 1960 in Damaskus zeigen
Dieses Foto soll Alois Brunner 1960 in Damaskus zeigen(c) APA (Roland Scheidemann)

In der Nachkriegszeit soll Brunner für die algerische Befreiungsfront FLN Waffen geschmuggelt haben. Er überlebte in den Jahren 1961 und 1980 zwei Anschlagsversuche.

Zeigte nie Reue

1954 war er nach Syrien geflüchtet, wo er Mitte der 1980er Jahre, unter falschem Namen lebend, von einem Journalisten der deutschen Illustrierten "Die Bunte" aufgespürt wurde. Er gab seine Identität freimütig zu und rühmte sich seiner Taten, für die er nie zur Rechenschaft gezogen wurde. In dem Interview erklärte er, dass er es bedauere, seine Aufgabe "nur zur Hälfte erfüllt" zu haben. "Israel wird mich nie bekommen", sagte Brunner damals.

In den frühen siebziger Jahren führte er sogar einen Briefwechsel mit dem verstorbenen österreichischen Rechtsextremisten Arthur Maichanitsch.

"Brunner einer der ganz großen Täter"

"Er war offenbar ein glühender Judenhasser und hat dieses dunkle Geschäft zusammen mit Adolf Eichmann und einigen wenigen anderen maßgeblich betrieben", schildert der Kölner Oberstaatsanwalt Günther Feld, der nach Brunner fahndete. "Er war also einer der ganz großen Täter." 

1989 soll Brunner kurz vor der Auslieferung an die DDR gestanden sein, doch der Fall der Berliner Mauer verhinderte die Auslieferung. Die Initiative dazu war von den Nazi-Jägern Beate und Serge Klarsfeld ausgegangen.

"Offenbar an Altersschwäche gestorben"

Die Information über den Tod Brunners erhielt das Wiesenthal Center von einem deutschen Geheimdienstmitarbeiter, der einige Jahre in Syrien und der Nahost-Region tätig war.

"Eine Bestätigung ist wegen der Situation in Syrien nicht zu bekommen, aber im Fall von Brunner kann man davon ausgehen dass er offenbar an Altersschwäche gestorben ist", sagte der Direktor des Wiesenthal-Centers, Efraim Zuroff, gegenüber Ynet.

Zuroff erstellt jährlich eine Liste der meist gesuchten Nazi-Verbrecher.

(APA)

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