EZB lässt Leitzins auf Rekordtief von 0,05 Prozent

Die EZB will erst 2015 über neue Maßnahmen entscheiden. Europas Leitbörsen drifteten nach den Draghi-Aussagen ins Minus.

Europas Währungshüter halten am Zinstief fest und ringen um weitere Mittel gegen Mini-Inflation und Konjunkturschwäche. Der Leitzins im Euroraum bleibt nach Beschluss des EZB-Rates vom Donnerstag auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent. Das teilte die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt mit.

EZB-Präsident Mario Draghi hat für Anfang kommenden Jahres eine Entscheidung über neue geldpolitische Maßnahmen im Kampf gegen die drohende Deflation angekündigt. Dann solle bewertet werden, wie die bisher eingesetzten Instrumente gewirkt hätten, sagte der Italiener am Donnerstag in Frankfurt. Der EZB-Rat sei zu zusätzlichen unkonventionellen Maßnahmen bereit, sollten sie notwendig sein.

Anleger enttäuscht

Weil das viele billige Geld bisher weder die Teuerung wie gewünscht anheizt noch die Konjunktur richtig in Schwung bringt, wird damit gerechnet, dass die EZB künftig in den breit angelegten Kauf von Anleihen ("Quantitative Easing", QE) einsteigen wird. Befürworter hoffen, dass der Erwerb von Unternehmens- und Staatsanleihen durch die Notenbank die Wirtschaft ankurbelt - und zugleich die Inflation wieder in Richtung des EZB-Zieles befördert. Allerdings sind Anleihenkäufe umstritten.

Europas Leitbörsen sind angesichts der Aussagen von Draghi einheitlich in die Verlustzone gerutscht. Im Verlauf der Pressekonferenz im Anschluss an die letzte EZB-Ratssitzung in diesem Jahr knickte der Euro-Stoxx-50 um bis zu 1,41 Prozent auf 3.3201,93 Punkte ein, nachdem er zuvor höher tendiert hatte. Anleger hatten sich vom EZB-Chef Aufschluss über das weitere Vorgehen der Währungshüter erwartet. Spekuliert wurde dabei erneut auf Andeutungen zum Ankauf von Staatsanleihen. Stattdessen enttäuschten die Währungshüter mit Aussagen zum Wirtschaftswachstum.

Inflation wird noch niedriger ausfallen

Europas Währungshüter rechnen bis mindestens 2016 mit einem geringen Preisauftrieb im Euroraum. In diesem Jahr werde die Inflation auf 0,5 Prozent sinken, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt bei der Vorlage der neuesten Prognose. Auch die Wirtschaftsentwicklung schätzen die Währungshüter zunehmend pessimistisch ein:

Die EZB senkte ihre Wachstumsprognose für dieses und das kommende Jahr deutlich. Die Notenbank erwartet nun für 2015 eine Jahresteuerung von 0,7 Prozent und für 2016 von 1,3 Prozent. Im September hatte die Notenbank für 2014 noch eine Inflationsrate von 0,6 Prozent, für 2015 von 1,1 Prozent und 2016 von 1,4 Prozent vorhergesagt.

Nachdem die Euro-Wirtschaft auch im dritten Quartal nur leicht um 0,2 Prozent gewachsen ist, steigt auch der Konjunkturpessimismus im Frankfurter EZB-Neubau. Die Notenbank erwartet nun im laufenden Jahr 0,8 Prozent Wachstum. 2015 dürfte die Wirtschaft mit 1,0 Prozent und 2016 mit 1,5 Prozent wieder etwas stärker anziehen. Im September hatte die EZB der Eurozone noch ein Wachstum von 0,9 Prozent im laufenden Jahr und von 1,6 Prozent 2015 und 1,9 Prozent im Folgejahr zugetraut.

Zuletzt war die Inflation in den 18 Ländern der Währungsunion nur noch um 0,3 Prozent gestiegen. Die EZB peilt knapp zwei Prozent an. Sinken die Preise auf breiter Front, kann das im schlimmsten Fall dazu führen, dass Verbraucher Kaufentscheidungen verschieben und Unternehmen nicht in neue Anlagen und Maschinen investieren. Dadurch entsteht ein für eine Volkswirtschaft giftiger Cocktail.

(APA)

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