Kindesabnahme: Kaum muslimische Pflegeeltern

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Es ist schwierig, Pflegeeltern aus dem islamischen Kulturkreis zu finden. Aber auch der Name "Kevin" kann Thema werden.

Wien. Wenn Eltern Kinder abgenommen werden müssen, obliegt die Auswahl der Pflegeeltern dem Jugendamt. Wenngleich betroffene Eltern sich auch bei der Justiz öfter beschweren. „Es gibt Probleme“, sagt Doris Täubel-Weinreich, Vorsitzende der Familienrichter, im Gespräch mit der „Presse“. „Es wird auf das Kindeswohl geschaut. Aber es wird wenig auf den Kulturkreis geachtet.“

„Es gibt einen Mangel an muslimischen Pflegeeltern. Wir suchen verzweifelt“, erklärt Herta Staffa, Sprecherin der in Wien für die Pflegeelternschaft zuständigen MA 11. Man finde kaum Muslime, die sich als Pflegeeltern melden und die Voraussetzungen (etwa gute Deutschkenntnisse) erfüllen. Man achte aber darauf, dass Pflegeeltern auf die Kultur des Kindes eingehen. Aber das sei natürlich nie dasselbe, wie wenn ein muslimisches Kind in eine muslimische Familie kommt.

Wobei Beschwerden leiblicher Eltern sich nicht immer nur um den Kulturkreis drehen. Eltern aus niedrigen Bildungsschichten würden auch immer wieder Vorbehalte gegen homosexuelle Pflegeeltern für ihr Kind zeigen, berichtet Täubel-Weinreich. Die MA 11 ortet hier hingegen kaum Beschwerden. Oft sei es Leuten sogar lieber, wenn die abgenommenen Kinder zu homosexuellen Pflegeeltern kommen weil diese nicht als elterliche „Konkurrenz“ wahrgenommen werden.

Kein Kevin zu Haus

Auch der Name des Kindes kann ein Thema werden. So hatte Täubel-Weinreich zu entscheiden, ob sie der von den Pflegeeltern gewünschten Umbenennung des Kindes zustimmt. Das Kind war in seiner Ursprungsfamilie „Kevin“ genant worden, die Pflegefamilie wollte dem Kind einen Namen geben, der nicht mit Vorurteilen behaftetet ist. Der Umbenennung wurde stattgegeben, zumal das Kind selbst nicht mehr gewohnt war, als Kevin angesprochen zu werden. (aich)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2014)

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