AUA und Tyrolean: Wie aus zwei Fluglinien eine werden soll

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Aus zwei Fluglinien soll formal ein einheitliches Unternehmen werden. Ein herausforderndes Unterfangen – nicht nur in rechtlicher Hinsicht.

Wien. Wien und Innsbruck – die beiden Städte trennen mehr als nur Berge. Vor allem in der heimischen Luftfahrt. AUA und Tyrolean: Das war ein jahre-, wenn nicht jahrzehntelang von Missgunst und Konkurrenz geprägtes Mutter-Tochter-Verhältnis, seit die Regionalfluglinie 1998 komplett von der AUA übernommen worden war. Das hat sich nach dem von der AUA-Führung im Juli 2012 als Sparmaßnahme gesetzten, zwangsweisen Übergang des Flugbetriebs von der AUA auf die Tyrolean nicht wesentlich geändert. Obwohl Piloten und Flugbegleiter danach eigentlich in einem Boot – genauer gesagt Cockpit – saßen.

Mit dem neuen, seit 1. Dezember geltenden einheitlichen Bordkollektivvertrag ist der Streit beendet. Eine völlig neue Ära soll die per 1. April 2015 geplante Fusion von AUA und Tyrolean einläuten. Vorerst glühen jedoch noch die Stifte von Anwälten und Wirtschaftsprüfern, gilt es doch, die Fusion der Tochter Tyrolean auf die Mutter AUA – im Fachjargon „Upstream-Verschmelzung“– über die Bühne zu bringen.

„Bei der Fusion von zwei Gesellschaften bekommen die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft und meist auch eine Zuzahlung“, sagt Rechtsanwalt Günther Viehböck (Kanzlei Viehböck Breiter Schenk & Nau), der die AUA bei dem Prozess begleitet. „Im speziellen Fall AUA fallen die Anteilsgewährung und die Zuzahlung weg, weil die AUA Alleingesellschafter der Tyrolean ist.“ Was das Vermögen betrifft, ändert sich für die AUA unter dem Strich nichts.

Verschiebungen in der Bilanz

In der Bilanz der AUA ergeben sich aber Verschiebungen, wenn nämlich einerseits durch die Verschmelzung der Beteiligungsansatz für die Tyrolean wegfällt und andererseits das Anlagevermögen, das zu einem guten Teil aus den Flugzeugen besteht, das Umlaufvermögen und die Verbindlichkeiten der Tyrolean auf die AUA übergehen. Das kann einen Verschmelzungsmehrwert oder -verlust ergeben. „Im Zuge einer Verschmelzung kann man gemäß Paragraf 202 UGB eine Neubewertung auf den sogenannten beizulegenden Wert vornehmen. Das heißt, man kann stille Reserven heben und so den Wegfall des Beteiligungsansatzes ausgleichen und einen Verschmelzungsverlust vermeiden“, erklärt Viehböck.

Der Buchwert der Flugzeuge kann höher oder niedriger als der Verkehrswert sein. Das hängt nicht nur vom Alter ab. Zur Kernflotte der Tyrolean gehören die Fokker- und die Bombardier-Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge.

Für die Fusion ist auch eine gesonderte Schlussbilanz der Tyrolean erforderlich: Auch hier geht es um Vereinfachung, weshalb man die Bilanzen zum Regelstichtag 31.Dezember 2014 heranzieht. Das heißt, dass die Fusion steuerlich rückwirkend zum 31.12.2014 erfolgt. Damit kann die AUA ab dem neuen Jahr so bilanzieren, als hätte sie das gesamte Unternehmen der Tyrolean ab 1.Jänner übernommen, obwohl der Rechtsübergang erst mit der Eintragung der Fusion ins Firmenbuch per 1. April erfolgt.

Arbeitsrechtlich stellt die Fusion einen Betriebsübergang nach dem AVRAG (Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz) dar. „Das heißt, die Arbeitsverhältnisse gehen automatisch auf die neue Gesellschaft über, es sei denn, der Dienstnehmer widerspricht“, sagt Viehböck. Bei der AUA gilt nun der neue Bord-KV. Im Zuge dessen hat sich die Fluglinie zu hohen Abschlagszahlungen für bestehende Ansprüche verpflichtet. Diesem Angebot müssen Piloten und Flugbegleiter bis Ende Jänner zustimmen. Für das kaufmännisch-technische Personal gilt künftig der neue AUA-Boden-KV, der schon vor einem Jahr abgeschlossen worden ist. Ein interessantes Detail: Tyrolean-Geschäftsführer Klaus Froese verliert mit der Fusion seinen Job. Er wird aller Voraussicht nach in die AUA-Führung wechseln.

Wird die Integration klappen?

Der rechtliche und bilanzielle Rahmen ist freilich nur das Fahrwerk, um im Fliegerjargon zu bleiben. „Abheben wird die AUA erst dann richtig, wenn sie tatsächlich ein Unternehmen ist“, sagt Airline-Sprecher Peter Thier. Das erklärte Ziel von AUA-Chef Jaan Albrecht ist es, aus AUA, Lauda Air (die Integration ist bis heute nicht wirklich gelungen) und Tyrolean eine Einheit zu formen. Kein leichtes Unterfangen, da es da viel mehr um Befindlichkeiten als um nackte Zahlen geht. „Es laufen dazu schon Überlegungen“, sagt Thier. Allein die Investitionen in neue Flugzeuge würden schon helfen, Aufbruchstimmung zu vermitteln. Immerhin: Grüne (Tyrolean) und rote (AUA) Halstücher gibt es nicht mehr.

AUF EINEN BLICK

Ende eines Rechtsstreits. Seit 1.Dezember 2014 gilt für die AUA ein neuer Bordkollektivvertrag. Damit wurde ein jahrelanger Rechtsstreit mit der Belegschaft beendet. Nun soll per 1. April durch eine Fusion von AUA und Tyrolean ein einheitliches Unternehmen aus den beiden Fluglinien entstehen. Bilanztechnisch gehen Vermögen und Verbindlichkeiten der Tyrolean auf die AUA über. Arbeitsrechtlich findet ein Betriebsübergang statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2015)

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