Lebensmittel-Handel: Ausweitung der Kampfzone

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Voller Einkaufswagen(c) Erwin Wodicka - BilderBox.com (Erwin Wodicka - BilderBox.com)
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Die österreichischen Supermärkte entdecken immer mehr das Online-Geschäft für sich. Rewe und Pfeiffer buhlen mit kurzen Lieferzeiten und Abendzustellungen um die Kunden.

Wien. „Der Lebensmittelhandel ist generell ein umkämpftes Feld – online wie offline“, sagt Martina Macho. Die Pressesprecherin der Pfeiffer-Handelsgruppe, zu der Zielpunkt und Unimarkt gehören, weiß, wovon sie redet. Denn langsam kommt Fahrt in Österreichs bislang überschaubaren Online-Lebensmittelhandel. Noch werden nur zwei Prozent der Supermarktwaren hierzulande im Internet bestellt. Doch das Wachstumspotenzial ist beträchtlich. Das zeigt eine aktuelle RegioData-Studie, die das erreichbare jährliche Umsatzvolumen im Online-Lebensmittelhandel auf 177 Millionen Euro schätzt. Dieses ist bislang bei Weitem nicht ausgeschöpft.

Sowohl die Pfeiffer-Handelsgruppe, wie auch der Rewe-Konzern, dem Billa und Merkur gehören, scharren in den Startlöchern. Ersterer will in Ostösterreich Branchenführer bei der Lebensmittelzustellung werden, zweiter will es bleiben. Dafür braucht es viel logistisches Know-how. Schließlich will der Kunde keine aufgetauten Tiefkühlwaren oder müden Salatblätter erhalten.

Pfeiffer startete sein Pilotprojekt in Kooperation mit der österreichischen Post vergangenen November. Von der Konzerntochter Unimarkt werden mittlerweile 600.000 Haushalte im Waldviertel und in Oberösterreich beliefert. Den Wiener Raum will man schon im ersten Quartal 2015 mit Zielpunkt erobern.

Konkurrenz schläft nicht

Auch Rewe legt einen Zahn zu. Nach Wien, wo der Billa-Online-Shop bereits seit 1999 besteht und 2013 eine Frischzellenkur verpasst bekommen hat, expandierte man im Herbst nach Linz, Salzburg und Graz. Rewe-Tochter Merkur spricht mit der Online-Linie Merkur Direkt seit 2000 hauptsächlich Firmenkunden an. Aber auch hier kündigt Rewe-Sprecherin Ines Schurin eine baldige Offensive im Privatkundenbereich an.

Beide Anbieter liefern ihre Lebensmittel im urbanen Raum Montag bis Freitag bei rechtzeitiger Bestellung noch am selben Tag bis 21 Uhr nach Hause. Billa bietet dieses Service auch samstags bis 18 Uhr an. Alternativ kann sich der Billa-Kunde dafür entscheiden, den fertig verpackten Warenkorb während der Öffnungszeiten in einer der ausgewählten Filialen abzuholen.

Erste Gehversuche

Was bei Billa großteils über die Abholung im Supermarkt läuft, versucht Pfeiffer mittels Abholstationen an öffentlichen Orten zu realisieren. Zwei davon wurden bereits in Enns und Traun installiert. 2016 soll die Zahl auf 50 „Pick-Up-Stationen“ in Oberösterreich und Wien steigen. Angepeilte Standorte sind Verkehrsknotenpunkte und das Werksgelände der Voest mit seinen 11.000 Mitarbeitern. Billa wiederum verweist auf eine derzeitige Kooperation mit der Raiffeisenbank. Diese startete kürzlich das Projekt Shop-Base. Dabei können Lieferanten verschließbare Kühlboxen in Wiener Wohnhäusern rund um die Uhr befüllen.

Sowohl Rewe als auch Pfeiffer betonen einen grundlegenden Faktor, wieso der österreichische Lebensmittel-Onlinehandel erst langsam in die Gänge kommt: Fast nirgends in Europa ist die Dichte an Supermärkten so hoch wie in Österreich. Auf der britischen Insel, die auf dem Gebiet als Vorreiter gilt, konnte der Trend viel schneller Fuß fassen, da es dort vergleichsweise wenig Supermärkte gibt.

Den österreichischen Markt wollen die beiden Konkurrenten jedoch auf unterschiedliche Weise für sich erschließen. Pfeiffer sieht den Bedarf für Lebensmittelzustellungen vor allem im ländlichen Bereich gegeben. Dort wolle man die aussterbenden Greißlereien ersetzen, sagt Sprecherin Macho. Ganz anders der Zugang der Rewe-Gruppe. „Lebensmittel online zu bestellen, sei „kein Thema am Land“, so Schurin. Der Billa-Online-Shop werde im urbanen Bereich eindeutig besser angenommen – hier wolle man daher den Schwerpunkt setzen.

Nischenplayer erwünscht

Von kleinen Mitbewerbern wie KochAbo oder Gemüsekistl, die gestresste Wiener mit Saisongemüse oder Kochzutaten versorgen, fühlen sich die großen Ketten nicht bedroht. Macho sieht den Trend positiv: „Das spricht eine neue Zielgruppe an und belebt den Online-Handel.“ Bald könnte es am Markt noch enger werden: Das Gerücht geht um, Amazon wolle mit seinem Online-Lebensmittelhandel AmazonFresh Österreich entern. Von diesem Schreckgespenst will man in der Lebensmittelbranche vorerst nichts wissen – ist man doch gerade selbst beschäftigt, den Markt für sich zu erobern.

AUF EINEN BLICK

Onlinehandel. Die Handelsgruppen Pfeiffer und Rewe haben ihren Online-Auftritt in den vergangenen Monaten massiv ausgebaut. Billa hat neben Wien nun auch Online-Shops in Linz, Graz und Salzburg eröffnet. Konkurrent Pfeiffer testete die Hauszustellungen in Kooperation mit der österreichischen Post seit November 2014 in Oberösterreich. Nun will der Handelsriese mit seiner Tochter Zielpunkt den Wiener Online-Lebensmittelmarkt aufmischen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2015)

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