Schaumweinsteuer: Schlumberger plant Kündigungen

SCHLUMBERGER-SEKTREPORT 2014: Rund 15 Millionen Sektgl�ser klingen zu Silvester
SCHLUMBERGER-SEKTREPORT 2014: Rund 15 Millionen Sektgl�ser klingen zu Silvester(c) SCHLUMBERGER (SCHLUMBERGER)
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Die österreichischen Sekthersteller melden Absatzeinbußen von 26 Prozent. Schlumberger muss Personal abbauen. Der Finanzminister will von der Not nichts bemerkt haben.

Wien. Die österreichischen Sekthersteller haben allen Grund zu schäumen. Die im März 2014 eingeführte Schaumweinsteuer traf die Branche in den beiden letzten Quartalen des vergangenen Jahres mit voller Wucht.

Im wegen Weihnachten und Silvester besonders wichtigen vierten Quartal ging der Sektabsatz um 26,1Prozent zurück, wie eine aktuelle Studie von AC Nielsen belegt. Eine ziemliche Katastrophe, machen die Sekthersteller in den Monaten Oktober bis Dezember doch die Hälfte bis zwei Drittel des Jahresumsatzes. Im dritten Quartal sah es auch nicht besser aus: Da wurde um 25Prozent weniger Sekt verkauft. Sieben Prozent weniger waren es in den Monaten Jänner bis September. Dabei war es im Jänner und Februar, vor der Einführung der Steuer, noch zu Hamsterkäufen gekommen.

Schelling: „Nichts bekannt“

Angesichts dieser Zahlen überrascht die am Mittwoch publik gemachte Antwort von Finanzminister Hans Jörg Schelling auf eine parlamentarische Anfrage von Neos-Abgeordneten und Hotelier Sepp Schellhorn doch ziemlich: Von „evidenten Umsatzeinbußen“ der Sekthersteller sei dem Finanzressort „nichts bekannt“, heißt es da. Und: „Ebenso wenig konnte eine wesentliche Preissteigerung bei Sekt festgestellt werden.“

Der burgenländische Sektproduzent Peter Szigeti ist über die Aussage des Finanzministers verärgert. Bei der Sektkellerei Szigeti ist der Umsatz im vergangenen Jahr um 17 bis 18Prozent zurückgegangen (nach Abführung der Sektsteuer). Im zweiten Halbjahr 2014 waren es rund 25Prozent. Sekthersteller Schlumberger meldet im zweiten Halbjahr einen Umsatzrückgang von 22Prozent und einen Absatzrückgang von 25Prozent.

Beide Sekthersteller sehen sich nun gezwungen, Konsequenzen zu ziehen. „Es wird in den nächsten Wochen Kündigungen geben“, sagt Benedikt Zacherl, Marketingleiter bei Schlumberger, im Gespräch mit der „Presse“. Wie viele Mitarbeiter gehen müssen, stehe noch nicht fest. In der ganzen Branche seien jedenfalls mehrere 100 Arbeitsplätze gefährdet. Auch bei Szigeti stehen tiefgreifende Umstrukturierungen an, sollte die Regierung nicht doch noch einlenken und die Sektsteuer wieder abschaffen. „Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen wir uns völlig neu ausrichten. Jetzt kommen wir preislich im günstigen und mittelpreisigen Segment nicht mehr mit“, sagt Peter Szigeti. Eine Verlagerung auf das preisliche Topsegment wäre nötig, diese würde aber eine stark reduzierte Produktion mit sich bringen. „Das würde bedeuten, dass wir unsere Mitarbeiterzahl von derzeit 30 auf 15 halbieren müssen.“ Das Problem im mittleren Preissegment hat auch Schlumberger mit seiner Marke Hochriegl (um die sieben Euro). Denn hier müssen österreichische Hersteller preislich mit den „Ausländern“ Prosecco und Frizzante konkurrieren, die von der Steuer nicht betroffen sind.

Dabei hatten die österreichischen Hersteller in den vergangenen Jahren in diesem Bereich Terrain gutgemacht. In den Jahren bevor die Steuer eingeführt wurde, waren die Marktanteile von italienischen und spanischen Perlweinen rückläufig. 2014 verzeichneten sie erstmals wieder einen Anstieg zwischen drei und fünf Prozent.

Froh über zweistelligen Betrag

Zu allem Überfluss hat die Schaumweinsteuer auch noch längst nicht den Budgeteffekt, den die Regierung sich erhofft hat. Als die Steuer in Kraft trat, sprach die Regierung von jährlichen Einnahmen in der Höhe von 35 Mio. Euro. In der Antwort auf die parlamentarische Anfrage der Neos nennt Finanzminister Schelling nun für die ersten zehn Monate 2014 Einnahmen von 3,95 Mio. Euro. Diese Zahl sei aber unter anderem aufgrund von Verzögerungen bei der Fälligkeit der Steuer nicht repräsentativ. Den Vorwurf, das Finanzministerium habe bei den erwarteten Steuereinnahmen fälschlich den Umsatz von in Österreich produzierten Prosecco und Frizzante miteingerechnet (der gar nicht besteuert wird), weist Schelling zurück.

„Von den erwarteten 35 Millionen Euro Steuereinnahmen pro Jahr ist man weit entfernt, der Finanzminister muss froh sein, wenn es überhaupt ein zweistelliger Millionenbetrag wird“, sagt Neos-Abgeordneter Sepp Schellhorn. Die Neos fordern, dass die Sektsteuer im Zuge der Steuerreform wieder eingemottet wird. Die ÖVP-Experten der Reformkommission sprachen sich zuletzt für eine Abschaffung der Steuer 2018 aus. Zu spät – meinen die Sekthersteller. Bis dahin sei die Branche nachhaltig und irreparabel geschädigt.

AUF EINEN BLICK

Schaumweinsteuerr. Seit 1.März 2014 wird die Schaumweinsteuer eingehoben. Diese macht österreichischen Sekt um 90 Cent pro Liter teurer. Laut Daten von AC Nielsen ist der Sektabsatz im zweiten Halbjahr um rund ein Viertel zurückgegangen. Schlumberger plant Kündigungen. Die Einnahmen aus der Sektsteuer sind wesentlich geringer als erwartet. So gab der Finanzminister bekannt, dass in den ersten zehn Monaten 2014 nur 3,95 Mio. Euro eingenommen wurden. Berechnet waren jährliche Einnahmen von 35 Mio. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2015)

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