Flüchtlingsquartiere: Zeit wird knapp

Mikl-Leitner
Mikl-Leitner(c) APA/ERWIN SCHERIAU (ERWIN SCHERIAU)
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Zum Problem der Asylquartiere kommen Differenzen um Eilverfahren.

Wien/Linz. Der stark angewachsene Zustrom von Asylwerbern in Österreich – im Vorjahr waren es rund 28.000 Anträge, und damit um 60Prozent mehr als 2013 – bringt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) jetzt doppelt unter Druck. Für die Aufteilung von Flüchtlingen auf Quartiere in ganz Österreich läuft am 31. Jänner die Frist aus, die die Ministerin den Ländern gestellt hat. Doch nicht alle schaffen die Einhaltung der Asylquote gemäß Bevölkerungszahl. Gleichzeitig kämpft Mikl-Leitner bezüglich ihres Eintretens für Schnellverfahren für Asylwerber aus sicheren Staaten nicht nur mit Kritik von Nichtregierungsorganisationen, sondern auch regierungsintern mit Gegenwind.

Bei der Einhaltung der Quote zur Aufteilung von Asylwerbern sind trotz monatelanger Vorlaufzeit seit dem Herbst des Vorjahres einige Länder säumig: So fehlen im Burgenland 119, in Oberösterreich 373 und in Kärnten 90 Plätze. Tirol, Salzburg und Vorarlberg haben sich zumindest vorgenommen, bis Ende der Woche noch zusätzliche Plätze zu schaffen. Hingegen erfüllt nach Wien und Niederösterreich, die schon bisher die Vorgaben eingehalten haben, nunmehr auch die Steiermark die Aufteilungsquote. In Wien müssen Ende Jänner zwei Übergangsquartiere, die im Herbst kurzfristig in Erdberg und in der alten Wirtschaftsuniversität eingerichtet wurden, gemäß Abmachung mit dem Bund geräumt werden. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) richtete der Ministerin am Dienstag aus, dass sie auch ohne Zustimmung der Landeshauptleute Flüchtlinge unterbringen könne – das sei in der betreffenden 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern geregelt. Und wenn es einen solchen Passus schon gebe, „dann muss man den auch nutzen, und jetzt ist die Zeit dafür“, sagte Häupl.

Hinsichtlich der vom Innenministerium angestrebten Eilverfahren kam von Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) Widerstand. Er wandte sich gegen eine „Husch-Pfusch-Aktion“. Mikl-Leitner möchte, dass über Anträge aus Ländern, die von der Regierung als sicher eingestuft werden (wie etwa Serbien oder der Kosovo), innerhalb von zehn Tagen eine Entscheidung getroffen wird. Damit soll, so das von der ÖVP verteidigte Vorhaben der Innenministerin, das Asylsystem nicht durch Fälle blockiert werden, in denen kaum Chancen auf einen Flüchtlingsstatus bestehen. Klug kündigte an, dass er zu dem Thema einen eigenen Vorschlag machen wird.

Mehr als 4000 verschwunden

Dass die von Mikl-Leitner angestrebten Kurzverfahren in zehn Tagen möglich seien, bestätigte Wolfgang Taucher, Direktor des 2014 neu gegründeten Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Schon jetzt gebe es im Rahmen von Schwerpunkten Schnellverfahren, die nur 15 Tage dauerten. Etwa bei Verfahren von Kosovo-Albanern. Der Kosovo gilt als sicheres Herkunftsland. Das BFA hat am Dienstag seine erste Jahresbilanz gezogen. 2014 wurden rund 18.200 Asylentscheidungen getroffen. Rund 7100 davon waren positiv, rund 40 Prozent. Die Mehrheit der positiven Bescheide betraf Syrer, im Durchschnitt dauerte ein Verfahren vier Monate. 1619 Mal wurden Abschiebungen verhängt. Rund 3000 Personen traten freiwillig die Heimreise an, über 4000 tauchten unter. Für heuer rechnet Taucher mit einem weiteren Anstieg der Asylanträge. Bis zu 40.000 hält er für realistisch. (ett/ib/win)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2015)

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