Nicht alle Imame fungieren als Brückenbauer, teils, weil Moscheevereine und Mitglieder das nicht wollen.
Wien. Imame können in Sachen Integration als Brückenbauer zwischen Muslimen und der Mehrheitsgesellschaft fungieren. Doch nicht immer tun sie das auch. Wissenschaftler des Instituts für Islamische Studien an der Universität Wien haben mit 43 muslimischen Vorbetern in Österreich Interviews geführt und auf dieser Basis vier verschiedene Typen skizziert.
Tatsächlich fanden sich in dem Sample sogenannte Brückenbauer, die ihre Mitglieder ermutigen, mit der Mehrheitsgesellschaft zu interagieren und ihre Moscheen für Integrationsangebote zu öffnen. Daneben stießen die Wissenschaftler aber auch auf Typen, die keine Integrationsarbeit leisten. Da sind etwa die „Imame mit Islah-Mission“ – wobei Islah für Reform steht. Diese Gruppe will Gläubige auf den „richtigen Pfad“ zurückführen. „Sie halten die Moscheemitglieder für religiös unwissend“, sagt Jonas Kolb vom Forschungsteam. Dabei gehe es vor allem um praktische Fragen der Religiosität, etwa die Einhaltung der Gebetszeiten während der Arbeit.
Einen ähnlichen Typus definieren die Wissenschaftler als „Hüter der religiösen Identität“, die vor allem auf die Bewahrung der Traditionen der Herkunftskultur achten. Dabei vertreten sie auch patriotische oder nationale Positionen. Schließlich wird ein vierter Typus genannt, nämlich „Imame mit begrenztem Handlungsraum“ – darunter verstehen die Forscher Imame, für die integrative Prozesse der Gemeindemitglieder keine Rolle für ihre Arbeit spielen.
Im Sample dominieren laut Kolb die Islah-Imame und die „Hüter“. Beim Islah-Typus dominieren Imame mit arabischem und türkischem Hintergrund, während die Hüter ethnisch ausgeglichen sind. Die Brückenbauer kämen vor allem aus dem Balkanraum, aber auch einige Imame aus der Türkei zählen dazu. Allerdings, sagt Kolb, sei es von der Methodik her nicht seriös, die Daten auf die Gesamtheit der Imame zu übertragen.
Ein Problem, auf das die Brückenbauer häufig stoßen: Moscheevorstand und Gemeindemitglieder wehren sich gegen Initiativen zur Integration. Und da Imame wirtschaftlich von den Betreibern abhängig sind, geben sie diesem Druck oft nach. (eko)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2015)