Zielgruppe: Stammwähler und Meinungsbildner

Ernst Strasser
Ernst Strasser(c) APA (Hans Klaus Techt)
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ÖVP-Listenerster Ernst Strasser spricht im Interview mit der "Presse" über seine Aufgaben und die Strategie, auch bei den Jungen zu punkten. Er will eine eigene Wählerklientel ansprechen.

Die Presse: Was kann Ernst Strasser als Spitzenkandidat besser, was Othmar Karas nicht kann?

Ernst Strasser: Othmar Karas und ich ergänzen uns sehr gut. Er ist ein Vollprofi im Europäischen Parlament, ich glaube, dass ich die Entscheidungsstrukturen im Rat sehr, sehr gut kenne, und beide zusammen, Parlament und Rat, sind die zentralen Machtgebilde in der EU. Zum Zweiten: Jeder hat seine Zielgruppe, hat seine Leute in Österreich, die anzusprechen sind, sodass wir uns eine gute Arbeitsverteilung zurechtgelegt haben.

Und wie definieren Sie Ihre Zielgruppe?

Strasser: Das sind sicher die Stammwähler und Meinungsbildner rund um die Volkspartei. Die Zielgruppe von Othmar Karas geht in den Bereich der Akademiker und der verschiedensten Organisationen bis in den kirchlichen Bereich hinein. Und es gibt ein gutes Zusammenspiel aller einzelnen Kandidaten.

Warum befinden sich so wenig Frauen auf der ÖVP-Liste? Die Frauenvorsitzende der ÖVP hat dies schon kritisiert.

Strasser: Es ist unsere dritte EU-Wahl, zweimal war bei der ÖVP eine Frau die Spitzenkandidatin. Das gibt es bei keiner anderen wahlwerbenden Gruppe. Dieses Mal ist wieder ein Mann der Spitzenkandidat. Wir haben insgesamt etwa ein Drittel Frauen auf der Liste, da sind auch ausgesprochene Kapazitäten darunter, sowohl fachlich als auch regional. Es ist aber das gute Recht der ÖVP-Frauen, dass sie mehr Kandidatinnen auf der Liste wollen.

Ein ständiges Thema in Österreich ist die Frage von Volksabstimmungen bei weitreichenden EU-Themen.

Strasser: Es gilt für mich das Regierungsprogramm, das ist klug und vernünftig. Das heißt: europaweite Abstimmungen bei grundlegenden Themen. Ganz klar für mich ist auch, dass es in der Türkei-Frage eine nationale Abstimmung geben soll.

Und wenn der Nationalrat eine Volksabstimmung gegen den Willen der ÖVP beschließen sollte, wäre das das Ende der Koalition.

Strasser: Genau, so steht's im Regierungsübereinkommen.

Wer sollte Ihrer Meinung nach der nächste Kommissionspräsident sein?

Strasser: Die Europäische Volkspartei hat Barroso vorgeschlagen, das halte ich für unterstützungswürdig.

Was ist aus österreichischer Sicht das derzeit vordringlichste Thema in der EU?

Strasser: Das ist Arbeit und Wirtschaft – und zwar in dieser Reihenfolge: Absicherung des sozialen Friedens durch genügend Arbeit und eine gesunde Wirtschaft.

2004 erreichte die ÖVP 32,7 Prozent. Das Ziel für die EU-Wahl am 7. Juni?

Strasser: Es geht nicht um Prozentsätze. Wir wollen jedenfalls klar Erster werden. Weil wir damit den besten Beitrag für eine starke Fraktion der Europäischen Volkspartei liefern können.

2004 kam der Rücktritt als Innenminister überraschend. Wie lange wollen Sie jetzt in der Politik bleiben?

Strasser: Wenn ich gewählt werde, dauert die Periode fünf Jahre, das ist die Zeit, die zur Diskussion steht.

Und bleiben Sie gleichzeitig in der Privatwirtschaft tätig?

Strasser: Ich bin selbstständiger Unternehmer und werde das so organisieren, dass ich beides vereinbaren kann. Mein Unternehmen ist inzwischen so aufgestellt, dass ich das machen kann.

Ein allgemeines politisches Thema: Die FPÖ punktete zuletzt vor allem bei den Jungwählern, sie hat hier SPÖ und ÖVP überflügelt. Haben Sie im bevorstehenden Wahlkampf ein Rezept dagegen?

Strasser: Ich glaube, dass Klarheit angesagt ist. Die jungen Leute haben eine andere Sprache als wir, die Älteren. Man muss diese Sprache finden, um zu den Jungen zu kommen.

Heißt das jetzt, dass Ernst Strasser im Wahlkampf in Diskotheken auftauchen und dort mit den Jugendlichen in ihrer Sprache sprechen wird?

Strasser: Nein. Ich glaube, das wollen die jungen Leute auch nicht. Ich habe hier aus meiner früheren politischen Tätigkeit genügend Erfahrungen gesammelt: Das, was die Jugendlichen wollen, ist ein Politiker, der etwas weiterbringt, der etwas entscheidet, etwas durchsetzt, ein Politiker, der die Anliegen der Jugendlichen zu seinen Anliegen macht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2009)

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