Schürrle: Ein Transfer spaltet die Liga

Chelsea´s Andre Schurrle celebrates after scoring a goal against Sporting during their Champions League soccer match in London
Chelsea´s Andre Schurrle celebrates after scoring a goal against Sporting during their Champions League soccer match in London(c) REUTERS (EDDIE KEOGH)
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32 Millionen Euro zahlte Wolfsburg für André Schürrle. Aus München wurde gratuliert, anderswo herrscht aber Sorge.

Wolfsburg. Mit dem Wintergeschenk an den VfL Wolfsburg hat Volkswagen für Unbehagen, Neid, aber auch Respekt in der deutschen Bundesliga gesorgt. Spätestens seit der Verpflichtung von André Schürrle ist der Konkurrenz klar, dass Europas größter Automobilkonzern mit seiner Tochtergesellschaft große Pläne verfolgt. 32 Millionen Euro Ablöse an Chelsea bedeuteten nicht nur die teuerste Winterverpflichtung der Ligageschichte, damit gab man auch für einen einzigen Spieler mehr Geld aus als die restlichen 19 Bundesligaklubs in der Winterpause zusammen.

Fristgerecht ist der Schürrle-Transfer am Montag, dem letzten Tag des Transferfensters, über die Bühne gegangen. Klaus Allofs erwies sich dabei nicht nur als ausdauernder Taktiker, sondern auch als geschickter PR-Mitarbeiter des Autobauers. Mit wohlgesetzten Worten erklärte der VfL-Geschäftsführer, dass der teure Wechsel des Nationalspielers „nicht als Kampfansage an die Liga“ zu werten sei. Vielmehr handle es sich um ein „Signal“, erklärte Allofs den feinen Unterschied. Der VfL wolle „längerfristig erfolgreich“ sein.

Kein Verständnis für Kritik

Dafür wird in Wolfsburg sehr viel Geld in die Hand genommen. Denn Schürrle kostet nicht nur mehr als 30 Millionen Euro Ablöse: Mit Gehalt, Handgeld, Beraterhonorar und Bonuszahlungen dürften die Kosten vielmehr zwischen 50 und 60 Millionen Euro liegen. Die Diskussion, ob ein derartiger Transfer moralisch vertretbar sei, findet Allofs „seltsam“. Für die Kritik aus der Liga habe der VfL-Geschäftsführer „kein Verständnis“ und mögliche Probleme mit dem Financial Fair Play der Uefa sieht er nicht. „Wir müssen Verträge machen, mit denen wir die Spieler drei, vier Jahre binden. Das hat solche Summen zur Folge.“

Applaus für den Coup gab es aus München. „Herzlichen Glückwunsch, VfL Wolfsburg. Das ist ein fantastischer Transfer für die Bundesliga“, sagte Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer dem TV-Sender Sky. Auch von Allofs Exklub Bremen gab es Unterstützung. „Wir klagen immer, dass die Bayern da oben einsam ihre Runden drehen“, meinte Werder-Manager Thomas Eichin: „Daher finde ich es gut, dass auch andere Vereine in der Lage sind, solche Spieler zurückzuholen und für Konkurrenz zu sorgen.“ Ähnlich lautete das Urteil von Leverkusen. „André ist ein super Spieler und es ist ein gutes Zeichen, wenn er in die Bundesliga zurückkehrt“, sagte Trainer Roger Schmidt.

Resignation bei Kleinen

Doch nicht jeder in der Liga ist dieser Meinung. So wird der Transfer bei Schalke 04 „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ beobachtet, wie es Manager Horst Heldt ausdrückte. „Es freut mich für die Liga und für André Schürrle“, sagte Heldt. „Als Konkurrent freue ich mich aber nur bedingt.“ Etwas resigniert stellte er fest: „Wir sind nicht in der Lage, im Winter einen solchen Transfer zu stemmen.“ Hoffenheims Trainer Markus Gisdol hat bereits eine Vorahnung: „Wenn Wolfsburg weiterhin Ernst macht und sie wirkliche Topspieler kaufen – dann könnte ich mir vorstellen, dass sie wie Chelsea oder Manchester City werden.“

Am deutlichsten war die Kritik in Frankfurt, wo der VfL am Dienstagabend gastierte. „32 Millionen für Schürrle – wo sind wir gelandet?“, klagte der Eintracht-Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen. Die Summe sei ihm „ein bisschen unheimlich“. Auf dem Rasen durfte Schürrle dann noch nicht eingreifen und nur zuschauen, wie Kevin de Bruyne seinem neuen Team kurz vor Schluss mit dem 1:1-Ausgleich noch einen Punkt rettete. Der Belgier ist im vergangenen Winter für 22 Mio. Euro von Chelsea zu Wolfsburg gewechselt.

19. Runde: Bayern (Alaba) – Schalke (Fuchs) 1:1, Gladbach (Stranzl) – Freiburg 1:0, Hannover – Mainz (Baumgartlinger) 1:1, Frankfurt – Wolfsburg 1:1.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2015)

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