Sonntagsspaziergang mit Ernst Strasser: Vis-à-vis von Sarkozy

Ernst Strasser
Ernst Strasser(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ernst Strasser erzählt, dass er seinerzeit gerne EU-Kommissar geworden wäre und wie er mit dem heutigen französischen Präsidenten einmal sechs Gänge in 45 Minuten verdrückte.

Drinnen im Palmenhaus sitzt Hans-Peter Martin mit dem Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer. Draußen steht Ernst Strasser und zeigt seine Laufroute: vom Burggarten, der vor ihm liegt, über den Heldenplatz, durch den Volksgarten zum Rathaus und wieder retour. Nach einem Rundgang durch den Burggarten, im Schatten der Hofburg, betritt auch Strasser das Palmenhaus. „Was muss ich sehen?“, sagt er zu Bachmayer, als er diesen mit Martin erblickt. Der Meinungsforscher lächelt verlegen. Hans-Peter Martin begrüßt ihn freundlich: „Oh, der Herr Kandidat!“ Er selbst, sagt Martin, werde erst nach Ostern bekannt geben, ob er wieder für das EU-Parlament kandidiert.

Sollte er sich dazu entschließen – und davon sollte man doch ausgehen –, wird er Ernst Strasser noch öfter treffen. Der Innenminister der Jahre 2000 bis 2004 geht für die ÖVP in die EU-Wahl. Zuletzt war Strasser Unternehmer. Das Attribut „umtriebig“ für dessen Geschäftstätigkeit ist wohl eine Untertreibung. So mannigfaltig sind seine Beteiligungen. Da wäre einmal die Beratungsfirma CCE, deren Eigentümer Strasser ist. Über diese ist er an der BCD Consulting beteiligt, einer seiner Partner dort ist der Gastronom Toni Mörwald, sowie an der ZSA Consultants des früheren LIF-Chefs Alexander Zach. Strasser ist Gesellschafter der oft als „privater Geheimdienst“ titulierten CIN Consult, die für Unternehmen ausländische Manager durchleuchtet. Strasser sitzt als Aufsichtsrat in Hans-Peter Haselsteiners Rail Holding und in der G4S Security – ausgerechnet mit Oskar Strohmeyer, den er einst als Minister seines Postens als Gendarmerie-General enthoben hatte. Strasser berät die Mediengruppe Moser Holding, ist Präsident des Niederösterreichischen Hilfswerks und Präsident der Österreichisch-Russischen Gesellschaft. Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

All diese Tätigkeiten weiterhin auszuüben, „das wird sich wohl nicht ganz ausgehen“, glaubt Strasser. Deswegen wollte er das EU-Angebot zuerst auch ausschlagen. Doch dann habe er bemerkt, dass EU-Abgeordneter zu sein kein Hauptberuf sein muss, dass es etliche Unternehmer im EU-Parlament gebe. Etwaige Unvereinbarkeiten habe er bereits von Juristen überprüfen lassen – es gebe keine.

Strasser hat beides probiert, das Leben als Politiker und als Unternehmer. „Brigitte Ederer hat einmal gemeint: Als Unternehmer ist man nicht täglich öffentlichen Kränkungen ausgesetzt. Und das ist sehr treffend“, meint Strasser. Wieso er die Politik 2004 so überfallsartig verlassen hat? „Ich war damals knapp 50, die größte Verwaltungsreform seit dem Zweiten Weltkrieg, die Fusion von Polizei und Gendarmerie, lag hinter mir. Da habe ich mir gedacht: Ich möchte noch Tarockieren lernen, Saxofon spielen und Unternehmer werden. Wenn ich allerdings in der Politik bleibe, dann würde ich gerne EU-Kommissar werden.“ Das mit dem EU-Kommissar wurde nichts. Wolfgang Schüssel zog Benita Ferrero-Waldner vor, die Brüsseler hatten angeblich auf eine Frau gedrängt. Strasser erlernte Tarockieren, Saxofon spielen und wurde Unternehmer.

In die Politik zurückgekehrt sei er nun nur wegen Europa, „das hat mich immer interessiert“. Am Detailwissen hapert es noch, er habe sich zuletzt auch kaum für Tagespolitik interessiert, gibt Strasser zu. Aber Verbindungen bringt er zweifellos mit. Als Strasser noch Innenminister war, hieß sein Vis-à-vis auf französischer Seite Nicholas Sarkozy. „Einmal hat er mich zu einem Mittagessen unter vier Augen nach Paris eingeladen“, erzählt Strasser. „Es gab sechs Gänge in 45 Minuten.“ So straff sei der Zeitplan des Vielbeschäftigten mit den großen Karriereplänen gewesen. Doch nach dem Essen hatte Sarkozy auf einmal noch eineinhalb Stunden Zeit, ihm das Palais am Place Beauvau, sein Innenministerium, zu zeigen.


Kein Kontakt zu Schüssel. Ein Politiker müsse vorangehen, aber nicht zu weit, findet Strasser. Bestes Beispiel: die Sache mit der Glühbirne. „Sie ist zum Symbol für den schlechten Ruf der EU bei den Bürgern geworden.“ Mit Wolfgang Schüssel, sagt Strasser, habe er kaum Kontakt. Dasselbe gelte für seinen Lehrherrn Erwin Pröll. Aber er achte ihn nach wie vor. „Ich kenne nur zwei Leute, die ein untrügliches Sensorium dafür haben, was in den Leuten wirklich vorgeht: der eine ist Erwin Pröll, der andere Hans Dichand.“ Allzu freundlich war Ernst Strasser bei seinem Comeback von der „Krone“ allerdings nicht begrüßt worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2009)

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