Staatsanleihen: Anleger schenken Österreich Geld

(c) Bloomberg (Akos Stiller)
  • Drucken

Der österreichische Staat hat erstmals Anleihen mit einer negativen Rendite verkauft. Die Rendite für die bis Oktober 2019 laufende Anleihe lag bei minus 0,038 Prozent.

Wien. Der gestrige Dienstag wird in die österreichische Finanzgeschichte eingehen. Erstmals hat die Republik Österreich an Investoren eine Anleihe mit negativen Zinsen verkauft. Die Anleihe hat eine Laufzeit bis Oktober 2019 und kommt auf eine jährliche Durchschnittsrendite von minus 0,038 Prozent. Laut Martha Oberndorfer, Chefin der Bundesfinanzierungsagentur, sei die Auktion sehr gut gelaufen. Das Papier sei fast dreimal überzeichnet gewesen.

Das Ganze klingt auf den ersten Blick verrückt. Warum kauft jemand Anleihen, obwohl er damit Geld verliert? Dafür gibt es mehrere Gründe. Wegen der ökonomischen und geopolitischen Krisenherde (wie Griechenland, Ukraine und Russland) werden Staatsanleihen derzeit stark nachgefragt.

Gekauft werden aber vorwiegend Wertpapiere von Ländern, die aus Sicht der Investoren wirtschaftlich auf einem guten Fundament stehen. Auch Deutschland, die Schweiz, die Niederlande und Dänemark bieten negative Zinsen auf Anleihen. Es überrascht, dass Österreich bei internationalen Anlegern so gut abschneidet. Denn die Staatsverschuldung steigt massiv. Erst Mitte Februar hat die Ratingagentur Fitch dem österreichischen Staat die Topnote AAA gestrichen. Bei der Ratingagentur Standard & Poor's verlor Österreich das Spitzenrating AAA schon 2012.

Geldschwemme durch EZB

In der Vorwoche erklärte ein Standard & Poor's-Vertreter, dass Österreich dieses Top-Rating in nächster Zeit nicht zurückbekommen wird. „Wir sehen mit Sorge, dass sich politische Entscheidungen in Österreich eher an populistischen Aspekten als an langfristigen Zielen wie einer Haushaltskonsolidierung auszurichten scheinen“, sagte der Analyst. Denn notwendige Reformen bei den Steuern, den Pensionen und der Verwaltung seien kaum erkennbar. Warum sind österreichische Anleihen trotzdem so beliebt? Hier ist zunächst einmal der massive Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) zu beachten. Pro Monat will die EZB Anleihen im Volumen von 60 Milliarden Euro aufkaufen und das mindestens bis September 2016.

Über die Österreichische Nationalbank, die Teil des EZB-Systems ist, werden auch österreichische Staatspapiere erworben. Diese Maßnahme ist umstritten. Eigentlich will die EZB mit diesem Programm die Wirtschaft im Euroraum ankurbeln. Es ist jedoch fraglich, ob das mit dem Ankauf von Staatsanleihen funktioniert. Denn die Geldschwemme durch die EZB sorgt dafür, dass die Zinsen für Staatsanleihen sinken. Damit können sich die Regierungen noch leichter verschulden, statt dringend notwendige Reformen anzugehen. Schon seit Längerem wird kritisiert, dass die EZB-Milliarden nicht in der Wirtschaft und damit bei den Unternehmen ankommen.

Doch es gibt noch andere Gründe, warum die Käufer vom Wertpapieren negative Zinsen in Kauf nehmen. Einige befürchten einen erneuten Wirtschaftsabschwung mit einer größeren Deflation. Für diese Investoren sind Zinsen von minus 0,038 Prozent das kleinere Übel. Diese Anleger verlieren mit negativen Zinsen „lieber ein bisschen, um sicherzugehen, dass sie nicht viel mehr verlieren“, wie die britische Zeitschrift „Economist“ vor Kurzem schrieb.

Außerdem ist zu beachten, dass die negative Rendite auf das Ende der Laufzeit berechnet wird. Wenn nun Anleger die Staatsanleihen früher verkaufen, können sie unter Umständen Kursgewinne realisieren. Einige Investoren hoffen, dass sie die Anleihen einmal zu einem höheren Kurs an die Europäische Zentralbank weiterverkaufen können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Aktien und Eurogeld - stocks and euro money
Österreich

Österreich begibt erstmals Staatsanleihe mit Negativ-Zins

Österreich profitiert laut Bundesfinanzierungsagentur von der EZB-Geldschwemme, dem Ukraine-Konflikt und der Griechenland-Krise.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.