Tourismus: Der Kampf um neue Märkte

Attendees talk at Greece´s stand at the International Tourism Trade Fair (ITB) in Berlin
Attendees talk at Greece´s stand at the International Tourism Trade Fair (ITB) in Berlin(c) REUTERS (AXEL SCHMIDT)
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Auf der weltweit größten Tourismusmesse, der ITB in Berlin, treffen Angebot und Nachfrage aufeinander. Da prüft Österreich, ob es auf der Höhe der Zeit ist. Die Struktur der wichtigsten Herkunftsmärkte befindet sich in starkem Wandel.

Berlin. Es ist ja die Aufgabe der Touristiker, Optimismus zu versprühen. Gerade bei der ITB in Berlin, der weltgrößten Tourismusmesse, will sich Österreich zumindest als Urlaubsland als Insel der Seligen präsentieren.

„Wir haben die Problematik der ausbleibenden Russen gut mit einem Plus aus anderen Ländern aufgefangen“, freute sich Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner über die aktuelle Wintersaison, die im Jänner noch nicht so rosig ausgesehen hatte. Besonders ein Mehr an Gästen aus der Schweiz und Italien hätte für den Ausgleich gesorgt. Nach einem Nächtigungsminus im Jänner sei der Februar sehr gut verlaufen, und auch für März und April sei die Buchungslage aufgrund der günstig fallenden Feiertage und der guten Schneelage ausgezeichnet, bekräftigte WKO-Tourismusobfrau Petra Nocker-Schwarzenbacher. Für die gesamte Saison rechnet sie mit einem Nächtigungsplus von ein bis zwei Prozent.

Doch auch wenn man in diesem Winter noch die Kurve gekriegt hat: Eine Neuausrichtung der Marketingstrategie auf den ausländischen Herkunftsmärkten ist aufgrund der geopolitischen Veränderungen wohl unumgänglich. Im Mai werden die Branchenvertreter deshalb in Krems zusammentreffen, um eine Anpassung der Tourismusstrategie zu besprechen. Klar ist, auch abseits von aktuellen Krisen in Russland und der Ukraine: Bei den traditionell stärksten Herkunftsländern ist kein Wachstum mehr zu erzielen. Im Gegenteil: Deutschland, die Niederlande und Großbritannien etwa sind so stark umkämpfte Märkte, dass man nur mit viel Mühe erreichen kann, dass die Stagnation nicht ins Minus kippt. Und auch auf den Märkten, aus denen in den vergangenen 15 Jahren das mengenmäßig stärkste Wachstum kam, den osteuropäischen Ländern, ist jetzt mit einem Nächtigungsanteil von acht Prozent eine Sättigung eingetreten, sagt Österreich-Werbung-Chefin Petra Stolba zur „Presse“: „Da geht es jetzt nur mehr darum, unsere Marktanteile zu halten, nicht mehr darum, sie auszubauen.“

Die Schwierigkeit dabei: „Halten“ ist wesentlich kostenintensiver als das Erschließen neuer Märkte. So fließen immer noch 65Prozent des ÖW-Budgets von 50 Mio. Euro nach Westeuropa. 20Prozent werden in Osteuropa ausgegeben. Nur 15Prozent fließen in Regionen mit beträchtlichem Wachstumspotenzial: Asien und Übersee. „Dass das nur so wenig ist, liegt daran, dass wir in Asien immer noch in der Markteintrittsphase sind“, sagt Stolba. Damit seien die wesentlichen Partner die Reiseagenturen. „Da investieren wir zum Beispiel in Schulungen der Mitarbeiter in den Partneragenturen vor Ort, damit sie über den österreichischen Markt gut informiert sind“, sagt Stolba. Teure Werbekampagnen, die die asiatischen Urlauber direkt ansprechen, gebe es aber noch keine.

Weiße Flecken auf der Landkarte

Touristen aus Asien (die Hauptmärkte sind China, Südkorea und Taiwan) machen derzeit vier Prozent des Nächtigungsaufkommens in Österreich aus. Das sind um 270Prozent mehr als noch vor 20 Jahren. Bis 2020 rechnet Stolba mit einer weiteren Verdoppelung. Viele asiatische Millionenstädte seien noch weiße Flecken auf der Landkarte. Derzeit bündeln sich die Anstrengungen der ÖW in Peking und Shanghai. Noch liege der Fokus auf Städte- und Kulturreisen, sagt Stolba. Hauptanlaufziel der asiatischen Gäste ist Wien, wo allein aus China im vergangenen Jahr 237.000 Nächtigungen kamen, ein Plus von 13,7Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders attraktiv seien die Chinesen wegen ihrer exorbitanten Shoppingausgaben, sagt Wien-Tourismus-Chef Norbert Kettner. Im Schnitt gibt ein chinesischer Urlauber 1025 Euro pro Einkauf aus. Dafür bleibt er nur 1,7 Tage. Noch ist der typische chinesische Tourist ein Gruppenreisender, der Wien als eine von mehreren Städten in Europa besuche, und kein Individualtourist. Das sei unter anderem auf die schwierig zu bekommenden Visa zurückzuführen, sagt Kettner.

Besonders wichtig, um den Zustrom aus Asien zu verstärken, sei die Erreichbarkeit. Bis 2020 seien deshalb 20 neue Direktflüge nach Wien aus globalen Destinationen geplant. Positiv sei da etwa, dass die neue Billigfluglinie der AUA-Mutter Lufthansa, Eurowings, die am Mittwoch auf der ITB vorgestellt wurde, Wien als Destination anpeile.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2015)

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