EZB: Geldflut drückt die Anleihenzinsen

EZB in Frankfurt am Main
EZB in Frankfurt am Main(c) APA/dpa/Boris Roessler (Boris Roessler)
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Die Euro-Zentralbanken haben am Montag damit begonnen, über Käufe von Staatsanleihen Geld in den Markt zu pumpen. Die Renditen sanken. Die Wirkung des Plans bleibt umstritten.

Frankfurt/Wien. Am Montag war es so weit: Die EZB und die nationalen Zentralbanken des Eurosystems haben zum ersten Mal in der Geschichte des Euro die Notenpressen angeworfen, um in großem Stil Staatsanleihen zu kaufen. Rund 60 Mrd. Euro pro Monat will die EZB so in die Märkte pumpen. Das Programm (auf Neudeutsch Quantitative Easing genannt) ist allerdings auch innerhalb der EZB umstritten.

Aber seit Montag müssen alle an einem Strang ziehen. Auch die deutsche Bundesbank trägt das neue Anleihenprogramm der EZB mit. Sie muss sogar den Großteil des Geldes dafür drucken, weil der größte Teil der Anleihenkäufe nicht durch die EZB direkt, sondern durch die nationalen Zentralbanken durchgeführt wird. „Wir sind seit dem Vormittag auf dem Markt aktiv“, sagte ein Bundesbank-Sprecher am Montag. Auch die EZB bestätigte den Beginn der Käufe. Ein Händler sagte: Deutsche, französische und belgische Bonds seien an die entsprechenden nationalen Notenbanken verkauft worden.

Eine logische Folge der Anleihenkäufe: Die Renditen sinken – und damit die Zinskosten für die Staaten. So sanken die Renditen für zehnjährige deutsche Bundesanleihen am Montag zeitweise auf 0,336Prozent nach 0,402Prozent am Freitag. Die Rendite der zehnjährigen italienischen Titel fiel auf 1,274 (Freitag: 1,323) Prozent, die der spanischen Pendants auf 1,197 (Freitag: 1,242) Prozent.

Die Zentralbanken des Eurosystems wollen auf dem Markt Papiere mit Laufzeiten von zwei bis 30 Jahren erwerben, deren Rendite nicht niedriger als der EZB-Einlagenzinssatz ist. Der Einlagenzins liegt aktuell bei minus 0,2 Prozent. Wie die Protokolle der entscheidenden Sitzung am 22. Jänner zeigen, herrscht keine Einigkeit über die angebliche Deflationsgefahr, die mit dem Geld bekämpft werden soll.

Das frische Geld kommt im Idealfall über die Geschäftsbanken, denen die Zentralbank Anleihen abkaufen will, in Form von Krediten bei Unternehmen und Verbrauchern an. Das könnte Konsum und Investitionen ankurbeln und so die schwache Konjunktur in Schwung bringen. Denn während die deutsche Wirtschaft relativ gut in Schuss ist, sind die Wachstumsaussichten für den Euroraum nach wie vor bescheiden.

Kritiker zweifeln an Wirkung

Kritiker sind skeptisch, dass der QE-Plan wie geplant wirken werde. Sie befürchten eher neue Preisblasen durch das viele billige Geld. Zudem könnten die Regierungen in Schuldenstaaten in ihrem Reformeifer nachlassen, wenn die Notenbank in großem Umfang staatliche Schulden finanziert. Fraglich ist auch, ob die EZB die Staatsanleihen im vorgesehenen Umfang überhaupt bekommen wird: Mehrere Banken erklärten in den vergangenen Wochen, sie würden ihre Bestände nicht verkaufen.

Vor allem Bundesbank-Chef Jens Weidmann hatte sich gegen das Programm gestemmt. Er argumentierte, dass vorrangig die fallenden Ölpreise für sinkende Inflationsraten verantwortlich seien. Er wurde in der EZ-Sitzung auch nicht überstimmt – es gab nämlich nie eine formelle Abstimmung über das Quantitative Easing. Notenbank-Präsident Mario Draghi stellte lediglich einen „breiten Konsens“ unter den Kollegen fest und erklärte das Programm damit für beschlossen. Auch OeNB-Chef Ewald Nowotny dürfte sich zumindest zurückhaltend geäußert haben.

Weitere Argumente gegen das Euro-QE-Programm: Die bisherigen Maßnahmen wie der Ankauf von Pfandbriefen und anderen Wertpapieren hätten noch gar keine Zeit gehabt, ihre Wirkung zu entfalten. Auch würden die Daten keine sinkende Geldmenge zeigen. Und die Kreditvergabe der Banken im Euroraum hätte auch bereits merklich angezogen. (jil/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2015)

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