Arbeiten in China: Erst Privates, dann das Geschäft

In 80 Tipps um die Welt. Ernstes und Skurriles über China.

Arbeitssituation

1,2 Millionen Hochschulabsolventen strömen jedes Jahr in China auf den Arbeitsmarkt. Junge Chinesen sind hochmotiviert, der Konkurrenzdruck ist groß. Anders als am heimischen Arbeitsmarkt sind ältere Arbeitnehmer in China gerne gesehen, weil dem Alter mehr Respekt entgegengebracht wird. Die Chancen für Über-50-Jährige sind daher größer.

Generell wird viel und lange gearbeitet, auch am Wochenende. Extreme Reisetätigkeit ist in China ganz selbstverständlich.

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Grundsätzlich sind Chinesen Ausländern gegenüber sehr tolerant. Sie gehen davon aus, dass selbst die ungewöhnlichsten Verhaltensweisen der Gäste in ihren Heimatändern üblich sind. Dennoch gilt es in China einige Punkte zu beachten, schließlich will man in der Geschäftswelt ja erfolgreich sein.

Begrüßung

In China begrüßt man sich nach Hierarchie. Frauen werden nicht zuerst begrüßt. An den westlichen Händedruck haben sich die meisten Geschäftsleute schon gewöhnt, eine chinesische Verbeugung würde also eher überraschen. Um Respekt zu zeigen, sollte direkter Augenkontakt vermieden werden. Bekommt man eine Visitenkarte mit beiden Händen überreicht, muss sie auch mit beiden Händen entgegengenommen und kurz betrachtet werden.

Beim Abendessen

Als geladener Gast bietet sich als Mitbringsel ein Souvenir aus dem Heimatland, eine Flasche (süßer) Wein oder ein Obstkorb an. Blumen und weißes Geschenkspapier gelten als Zeichen von Trauer. Zu Tisch empfiehlt es sich, das Essen mit Stäbchen zu beherrschen. Es ist durchaus auch erlaubt, ein Gericht das man unter keinen Umständen essen will, abzulehnen – dafür muss man auch keine Ausrede erfinden. Aber natürlich werden auch in China lobende Worte über das Essen lieber gehört als eine Ablehnung und ein geleerter Teller wird den Gastgeber sehr freuen. Hat man aufgegessen, werden die Stäbchen neben die Reisschüssel gelegt, keinesfalls steckt man sie senkrecht hinein. Die chinesischen Tischmanieren sind weitaus lockerer als im Westen. Die Chinesen wollen sich beim Essen nicht anstrengen, komplizierte Themen wie etwa Politik oder Wirtschaft werden eher vermieden.

Verhandlungsgeschick

Im Umgang mit Geschäftskollegen ist besonders viel Feingefühl gefragt. Höflichkeit steht an erster Stelle. Wer laut wird oder die Beherrschung verliert, hat in einer geschäftlichen Beziehung meist schon verloren. Kommt man aus dem Westen, wird man etwa in einer Verhandlung schnell die Geduld verlieren. Europäer und Amerikaner verhandeln geradlinig und unkompliziert, um schnell ans Ziel zu kommen. Chinesen sind erst einmal kritisch, gehen auf Distanz und geben vage Antworten.

Privates vor Geschäftlichem

Trifft man in China auf neue Kontakte, ist es ratsam anfangs eine freundschaftliche Beziehung aufzubauen. Anders als im Westen, werden Berufliches und Privates nicht streng voneinander getrennt. Fragen nach Kindern und Familie gehören dazu. Erst aus einer Freundschaft entsteht ein erfolgreiches Geschäft. Diese private Beziehung ist durchaus beabsichtigt. Trifft ein Chinese sich beispielsweise mit einem potentiellen neuen Mitarbeiter zu einem privaten Abendessen, wird es diesem im Nachhinein viel schwerer fallen, ein Jobangebot auszuschlagen.

Entscheidungen sind Chefsache

In chinesischen Unternehmen hat immer der Chef das letzte Wort, auch wenn er meistens an einer Verhandlung gar nicht teilnimmt. Ein „wir müssen noch darüber nachdenken“, heißt in den meisten Fällen eigentlich „wir müssen mit dem Chef drüber reden“. Der Respekt des Chefs ist in China stark umkämpft. Es ist daher ratsam, auch wenn es gar nicht der Fall ist, den Verhandlungspartner als Gewinner aussehen zu lassen – das macht einen guten Eindruck in der obersten Etage.

Ein klares „Nein“ wird man in China ohnehin sehr selten hören, ein „wir müssen das noch überprüfen“ hingegen weitaus häufiger. Ein „Ja“ bedeutet wiederum häufig nur, dass eine Aussage verstanden wurde und nicht dass das Gegenüber ihr zustimmt.

Gehaltsverhandlungen

Diese werden von chinesischen Arbeitgebern meist schon bei der Einstellung gerne verschoben oder in unbestimmter Zukunft in Aussicht gestellt, von konkreten Summen ist meist nicht die Rede. Auf solche Versprechungen sollte man sich als Bewerber nicht einlassen. Am besten überlegt man sich schon im Vorhinein, unter welchen Konditionen man zu einer Mitarbeit bereit ist.

Mitarbeiter als Schaufensterpuppen

Westliche Mitarbeiter werden in China gerne „hergezeigt“. Mit westlichen Mitarbeitern demonstrieren chinesische Firmen gerne ihre Internationalität und streichen hervor, dass sie groß im Geschäft mitmischen. Es kommt auch gelegentlich vor, dass bei Veranstaltungen Mitarbeiter oder Studenten so genannte „Face Jobs“ übernehmen und in die Rolle von westlichen Investoren schlüpfen. Bei Bewerbungen oder Stellenangeboten aus China ist es daher wichtig, darauf zu achten, dass man vom zukünftigen Arbeitgeber nicht aus Schaufensterpuppe missbraucht wird.

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