Lewis Hamilton: Vertragsodyssee des Bestverdieners

(c) APA/EPA/DIEGO AZUBEL (DIEGO AZUBEL)
  • Drucken

Vor dem Grand Prix von China kämpft Lewis Hamilton mit Anwaltsjargon, Sebastian Vettel drückt auf die Euphoriebremse. Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz poltert im Motorenstreit.

Shanghai/Wien. „Letzte Woche habe ich nicht allzu viel im Vertrag gelesen“, erzählte Lewis Hamilton. Die bereits für vergangene Woche erwartete Vertragsverlängerung des Formel-1-Weltmeisters mit Mercedes lässt weiter auf sich warten. „Es kann dieses Wochenende passieren, vielleicht aber auch nicht“, sagte Hamilton vor dem Grand Prix von China am Sonntag (8 Uhr, live ORF eins).

In Gefahr sei der Deal des 30-Jährigen mit dem Konstrukteurweltmeister aber keinesfalls, beide Seiten wollen auch in Zukunft miteinander arbeiten. Einige Medien hatten bereits über mögliche Vertragsinhalte berichtet. Hamilton könnte demnach bis zu 37 Millionen Euro pro Jahr lukrieren. Der Brite ist schon jetzt der bestbezahlte Mercedes-Angestellte, er verdient ein Vielfaches von Daimler-Chef Dieter Zetsche. „Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll, um ehrlich zu sein.“ Der Vertrag bereite ihm und den Anwälten jedenfalls viel Arbeit. „Es ist das erste Mal, dass ich selbst verhandle. Man ahnt gar nicht, wie oft ich die rund 80 Seiten Anwaltsjargon lesen musste“, berichtete Hamilton.

Unabhängig davon ist der amtierende Weltmeister klarer Favorit auf den Sieg in Shanghai. Im Vorjahr feierte er bereits seinen dritten Sieg in China, weitere dreimal fuhr er aufs Podium. Nach dem überraschenden Ferrari-Triumph von Sebastian Vettel in der Hitze von Malaysia sollten nun die kühleren Bedingungen ein Vorteil für Mercedes sein. „Wir haben hart gearbeitet und alles für dieses Rennen analysiert. Ich genieße diese Strecke, sie passt zu meinem Fahrstil“, sagte Hamilton.

Der Weltmeistervergleich

Für Formel-1-Boss Bernie Ecclestone ist Hamilton ohnehin der „beste Weltmeister aller Zeiten“. Sein britischer Landsmann repräsentiere die Königsklasse des Rennsports auch abseits der Strecke perfekt und habe das Starpotenzial, das er bei Vorgänger Sebastian Vettel vermisst hat. „Ich habe Sebastian immer gesagt, dass er es so wie Lewis machen soll“, erzählte Ecclestone. Vettel stellt sein Privatleben im Gegensatz zu Hamilton nicht in die Öffentlichkeit – sehr zum Leidwesen von Ecclestone: „Manche Fahrer denken, ihr Job ist es, nur Rennen zu fahren. Es ist aber mehr als das.“ Der viermalige Weltmeister Vettel nahm die Kritik gelassen: „Ich bin sehr froh mit dem, was ich bislang erreicht habe. Er kann sagen was er möchte, für mich ist das in Ordnung.“

Mit einem Sieg in China könnte der Deutsche in der ewigen Bestenliste mit Formel-1-Legende Ayrton Senna gleichziehen. Der Brasilianer hat 41 Grand Prix gewonnen, Vettel steht bei 40. „Diese Bestmarke würde für jeden Fahrer viel bedeuten“, sagte Vettel. Nach seinem Sieg in Malaysia steigt er aber auf die Euphoriebremse: „Der Rückstand ist nach wie vor da, wir müssen aufholen.“
Noch größeren Aufholbedarf hat derzeit allerdings Red Bull. In Malaysia hat es zuletzt nur für die Ränge neun und zehn gereicht – noch hinter Schwesterteam Toro Rosso. Als Ursache für den deutlichen Abstand zur Spitze wurde der Motor von Renault ausgemacht, der Konflikt ist inzwischen eskaliert.

Mateschitz bekräftigt Drohung

Nach Motorsportchef Helmut Marko drohte nun auch Red-Bull-Eigentümer Dietrich Mateschitz mit dem Ausstieg, sollte der Anschluss nicht geschafft werden. „In der Formel 1 werden wir nur bleiben, wenn wir ein wettbewerbsfähiges Team haben“, sagte der 70-Jährige und nahm Renault in die Pflicht. „Als Motorenlieferant hat man die Verantwortung, eine wettbewerbsfähige Antriebseinheit zu liefern. Kann man das, ist es gut, kann man das – aus welchen Gründen auch immer – nicht, sollte man aussteigen“, befand Mateschitz. Die hauseigene Entwicklung einer Antriebseinheit schloss er dezidiert aus. „Wir können und werden nicht einen eigenen Motor entwickeln, ganz einfach, weil wir kein Automobilhersteller sind.“

Als „unrealistisch“ bezeichnete Mateschitz eine Übernahme von Toro Rosso durch Renault: „Ich war noch in kein diesbezügliches Gespräch involviert, das heißt, dass nicht viel in diese Richtung gesprochen worden sein kann.“

AUF EINEN BLICK

Lewis Hamilton muss weiter auf die Vertragsverlängerung mit Mercedes warten, geht aber als Favorit in den Grand Prix von China. Ferrari-Pilot Sebastian Vettel will sich von seinem Triumph zuletzt nicht blenden lassen. Heute wird das freie Training (8 Uhr) gefahren, morgen das Qualifying (9 Uhr) und am Sonntag das Rennen (8 Uhr, jeweils live in ORF eins).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Motorsport

Formel 1: Hamilton mit klarer Trainings-Bestzeit

Der Weltmeister gab im Freien Training zum Großen Preis von China das Tempo vor. Sebastian Vettel verlor über eine Sekunde.
Motorsport

Formel 1: Die Wiederherstellung der Hierarchie

Nach dem Ferrari-Sieg von Sebastian Vettel will Mercedes in Shanghai wieder ganz vorn stehen. Selbst eine Stallorder wird nicht mehr ausgeschlossen.
Former FIA racing chief Max Mosley leaves the High Court in London
Motorsport

Formel 1: „Mehr Geld ist wie größere Motoren“

Ex-FIA-Chef Max Mosley prangert finanzielle Ungleichheit, überhöhte Ausgaben und zu viel Macht von Bernie Ecclestone an. Ohne Wandel drohe der Königsklasse der Kollaps.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.