Österreich-Ausstellung in Auschwitz: "Sind auch Täterland"

Österreich-Ausstellung in Auschwitz:
Österreich-Ausstellung in Auschwitz: "Sind auch Täterland"APA/EPA/ANDRZEJ GRYGIEL
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Die neue Länderausstellung in dem ehemaligen KZ wird Verbindungen zwischen der Lagerrealität und der NS-Geschichte in Österreich aufzeigen.

Auschwitz ist nicht weit weg, sondern ein wichtiger und oft vernachlässigter Teil der österreichischen Geschichte. Das soll die neue Länderausstellung im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau klar machen. Sie soll vor allem Verbindungen zwischen der Lagerrealität und der Geschichte des Nationalsozialismus in Österreich aufzeigen, erklärte Hannes Sulzenbacher, Leiter des mit der Neugestaltung beauftragten Teams.

Die Eröffnung soll entgegen der ursprünglichen Planung (Frühjahr 2015) erst 2017 erfolgen. Laut dem Nationalfonds beträgt das Projektbudget für die Schau insgesamt rund eine Million Euro. Die Kosten für die Sanierung des Blocks 17 ist in dieser Summe nicht enthalten.

Umgesetzt wird das neue Ausstellungskonzept in den zwei zentralen Bereichen "Hier" (Auschwitz) und "Dort" (Österreich), die in der Ausstellung einander gegenüber gestellt werden. "Die ursprüngliche Idee war, eine Ausstellung in Auschwitz und eine in Österreich zu machen und diese am jeweils anderen Ort zu spiegeln", so Albert Lichtblau, Historiker an der Universität Salzburg und wissenschaftlicher Leiter des Vorhabens. Die Idee entstand aus dem Befund, dass nur sehr wenige Österreicher die Gedenkstätte in Auschwitz besuchen, obwohl es dort bis Oktober 2013 auch eine nationale Ausstellung im Block 17 gab.

Das Konzept mit den parallelen Dauerausstellungen hatte so kaum Chancen auf Umsetzung, doch mit einer Abwandlung des Ansatzes ging das Team um Sulzenbacher und Lichtblau dann 2014 als Sieger der europaweiten Ausschreibung des Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus hervor. Den Wettbewerb zur gestalterischen Umsetzung gewann der Wiener Architekt Martin Kohlbauer. Das Ausstellungskonzept und dessen geplante gestalterische Umsetzung werden im Juni im Wien Museum präsentiert.

"Österreich hat eine ganz besondere Geschichte"

"Österreich hat eine ganz besondere Geschichte. Wir sind nicht nur ein Opferland, wir sind eben auch ein Täterland", betont die Historikerin Christiane Rothländer, die Teil des Ausstellungsteams zur neuen Schau ist. Das Thematisieren der Mittäterschaft sei das Besondere an der zukünftigen Ausstellung. In der 1978 eröffneten "alten" Länder-Schau wurde das noch nicht explizit angesprochen.

Dort präsentierte sich Österreich noch als "Erstes Opfer des Nationalsozialismus". Auf einem riesigen Bild im Eingangsbereich marschierten etwa Soldatenstiefel über die rot-weiß-rote Karte Österreichs. Diese erste Ausstellung wurde von Verfolgten und ehemaligen KZ-Häftlingen umgesetzt. Sie hätten sich und auch Österreich nachvollziehbarerweise in erster Linie als Opfer begriffen. "Aus ihrer Perspektive ist das verständlich", so Rothländer. Inzwischen sei die Forschung aber vorangeschritten und die öffentliche Wahrnehmung habe sich verändert. Das früher gerne strapazierte Bild des ersten Opfers sei so heute nicht mehr haltbar.

Die wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschehnisse bis 1945 ist noch immer voll im Gange. "Im Zuge der Planung wird uns oft bewusst, was man in diesem Zusammenhang alles noch nicht weiß, welche Fehlstellen es noch immer gibt", so Sulzenbacher. Das beginne bereits beim Versuch festzumachen, wie viele Menschen aus Österreich in Auschwitz und Birkenau ermordet wurden. "Wir versuchen die Opferzahlen natürlich so weit wie möglich zu eruieren. Es wird aber niemals möglich sein, die absolute Gesamtzahl wirklich herauszufinden - eine ungefähre Zahl aber schon", erklärte Rothländer.

Bis jetzt herrschte etwa die Ansicht vor, dass es nur einen direkten großen Transport von Wien aus gegeben hat. "Aufgrund der Archivalien die ich jetzt in Auschwitz recherchiert habe, steht fest, dass es noch zwölf kleinere Transporte gegeben hat, bei denen die Zahl der Deportierten noch zu eruieren ist ", erklärte die Historikerin. Die geschätzte Zahl der aus Österreich nach Auschwitz Deportierten liegt bei etwa 16.000.

(APA)

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