Wie viel Mode verträgt Wien

(c) Die Presse (Bruckberger)
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Modepalast, 9 festival for fashion and photography, Vienna Fashion Week, Fashion Day, Vienna Awards – ganz schön dicht, der Modekalender 2009. Aber vor allem: ganz schön unkoordiniert. Der Versuch eines Überblicks.

Zu ramschig, zu glamourös, zu indie, zu mainstreamig, zu chaotisch, zu kommerziell, zu überhudelt. Wienern kann man so leicht nichts recht machen. Wiener Modeleuten schon gar nicht. Die Formel lautet: Gibt es keine Veranstaltung, wird geschimpft. Gibt es viele Veranstaltungen, wird viel geschimpft. Am liebsten hinterm Rücken.

„Das Heucheln, wir mögen uns eh alle, funktioniert nicht mehr“, sagt Jasmin Ladenhaufen. Zum siebenten Mal organisiert sie mit Cloed Baumgartner den Modepalast, der nächste Woche über die Bühne geht. Und obwohl jedes Jahr mehr Leute dafür ins Museumsquartier pilgern, wird ständig am Konzept genörgelt. Zum Beispiel: Das Qualitätsniveau sei zu niedrig. „Wir nehmen das zur Kenntnis. Ärgerlich ist nur, wenn die Kritik von Leuten kommt, die noch nie da waren.“

Beide beteuern, dass alles rausfliegt, was irgendwie an „Bastelstubenmode“ erinnert. Newcomer werden heuer sogar räumlich abgetrennt. Insgesamt sollen 60 Prozent der Aussteller aus Österreich kommen. Es sei nämlich traurig, dass lokale Herkunft unterschwellig immer als minderwertig angesehen werde. „Wir machen österreichische Mode zugänglich. Designer können direkt verkaufen und testen, was am Markt funktioniert“, erklärt Ladenhaufen. Das sei eine klare Mission. „Was auch anderen nicht schaden würde“, fügt Baumgartner an. Momentan kennen sich nämlich weder Designer, noch Konsumenten aus, welcher Mode-Event wofür stehe.

Auch die Unit-F musste sich klarer positionieren. „Wir haben das Format Austrian Fashion Week 2006 in ein Festival übergeführt“, sagt Geschäftsführer Andreas Oberkanins. Jetzt gehe es auch um Fotografie, Guerilla Stores und Symposien zur wirtschaftlichen Seite zeitgenössischer Mode. Im Rahmen dieses Festivals schmeißt auch die Förderagentur Departure ihre Fashion Night, und die Modeklasse der Angewandten präsentiert ihre Abschlussarbeiten. Der Modeschule Wien wurde die Aufnahme ins Programm zum Ärgernis von Direktorin Gerda Buxbaum verweigert. Oberkanins möchte mit dem Festival neue Talente entdecken und international erfolgreiche Designer zurück nach Österreich holen. Die Messlatte liege aber bei renommierten Festivals wie dem in Hyère oder der Fashion Biennale in Arnheim. Nur Letztere bekomme Millionen an Fördergeld. „Wir bekommen 15.000 Euro und müssen Sponsoren suchen. Da grasen jetzt alle Veranstalter dieselben potenziellen Unterstützer ab.“ Für ihn stellt sich damit nicht die Frage, wie viele Mode Events Wien verträgt – „da gibt es von Konsumenten durchaus noch Interesse“ –, sondern wie viele Events sich längerfristig finanzieren lassen.

Mehr Förderungen. Mehr Mode-Initiativen denn je buhlen um die Aufmerksamkeit der Fashionszene. Es gibt Symposien, etwa zum Thema „How to sell it“, es gibt Netzwerke wie AustrianFashion.net, es gibt Wettbewerbe, wie den Haute-Couture-Preis der Modekette Jones oder den Ringstraßen-Galerien-Award, es gibt Messen wie die „Blickfang“, wo Accessoires-Designer anzutreffen sind, es gibt Abschlussmodeschauen der Modeschule Wien und der Herbststraße. Aber alles separat.

Und es gibt übervolle Fördertöpfe. Das Austria Wirtschaftsservice etwa zielt konkret auf die Modebranche und wird seither mit Ideen überhäuft. Detto Departure und Wirtschaftskammer. Dort wurden neue Projekte auch schon umgesetzt: Anfang April schickte „Wien Products“ neun Modelabels mit einer Show nach Tokio. Im März lud die Wirtschaftskammer internationale Einkäufer zum Fashion Day nach Wien ein, um Designer zu treffen und Kollektionen zu ordern. Die Modebranche werde von der Außenwirtschaftsoffensive nun sogar als besonders förderungswürdig angesehen, sagt Irene Braunsteiner, Lifestyle-Koordinatorin der WKÖ. Deshalb gebe es jetzt Gespräche mit Unit-F, Austrianfashion.net und einzelnen Labels. „Wir wollen ja Förderungen bieten, die gebraucht werden.“

Ziel sei es, die Exporte zu steigern. Dafür sei ein gewisser „Glam-Faktor“ nötig, was in der Modeszene gerne skeptisch betrachtet wird. „Das heißt ja bitte nicht, dass wir jemanden in die Mainstream-Ecke drängen wollen. Das ist Marketing“, erklärt Braunsteiner. Deswegen endete der Fashion Day mit der Vienna Awards Gala, bei der nicht nur Designer, sondern auch andere Akteure der Lifestyle-Branche gefeiert wurden. Awards-Initiatorin Marjan Firouz rollt für die heimische Modeszene gern den roten Teppich aus. „Das Kommerzielle verkörpert nicht automatisch das Böse. Letztendlich geht es ums Verkaufen. Mode muss getragen werden.“ Als „Neuling“ begrüßt sie freilich mehr Wettbewerb bei Veranstaltungen. „Damit steigt die Qualität.“ Selbst müssen sich Braunsteiner und Firouz allerdings den Vorwurf gefallen lassen, die Aktion sei ein „Schnellschuss“ gewesen. Was sich 2010 ändern soll, versprechen beide.

Im Herbst setzt Elvyra Geyer die neue „MQ Vienna Fashion Week“ an. Sie gilt als Profi für Modeschauen. Und genau das Know-how will sie nutzen. „Zu einer Modewoche gehören professionelle Models.“ Bisher wurden in Österreich aber oft Leute von der Straße engagiert. Dabei könne man doch bei der TV-Serie Austria's Next Topmodel sehen, wie schwierig richtiges Gehen sei. Für „Fashion Week“-Flair soll ein riesiges schwarzes Zelt mit Backstagebereich sorgen und Shows internationaler Designer, deren Kommen sie allerdings nicht „verschreien“ will.

Departure-Chef Christoph Thun-Hohenstein, der sich eine Koordination aller Veranstalter und einen „Modekalender“ wünscht, schickt aber eine Warnung voraus: „Der Name Fashion Week steht für etwas. Da wird an Paris oder Mailand gemessen.“ Das birgt die Gefahr der Enttäuschung. Dass diese Idee nicht nur auf breite Zustimmung trifft, spornt Geyer an. „Eine richtige Modewoche sollte ja konsequenterweise zweimal pro Jahr stattfinden.“ Dann könnte die Branche auch einmal öfter darüber schimpfen.

Termine

Modepalast
Ein Wochenende wird das MQ zur Boutique www.modepalast.at 23.–26. 4.
9 festival for fashion & photography
Shows, Symposien, Förderpreise www.unit-f.at 28. 5.–10. 6.
Show Angewandte 09 Laufstegpräsentation der Abschlussklasse
www.dieangewandte.at am 10. 6.
Show Hetzendorf
Modeschule Wien zeigt Entwürfe www.modeschulewien.at am 15./16. 6.
MQ Vienna Fashion Week 09
Neue Modewoche www.mqviennafashionweek.com 24.–27. 9.
Blickfang 09
Designmesse www.blickfang.com 16. –18. 10.

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