Formel 1: Das Aussterben der Motorsportklassiker

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Dreht Bernie Ecclestones PS-Zirkus zum letzten Mal seine Runden in Barcelona? Verschwindet auch Monza aus dem Rennkalender für eine neue, krisensichere Destination? Bernie Ecclestone folgt ausschließlich dem Lockruf des Geldes.

Barcelona. Erst der endlose Wirbel rund um den Sound der Magermotoren. Dann unzählige Schreckensmeldungen über die finanzielle Notlage etlicher Teams, wenig später die Absage des Deutschland-GP. Mercedes dominiert das Geschehen, Ferrari hat zwar aufgeholt und einen wichtigen Sieg in Malaysia bereits gefeiert, doch das anhaltende Wehklagen von Red Bull, angeführt von Helmut Marko, nahm auch vor dem Grand Prix in Barcelona (Sonntag, 14 Uhr, ORF1, RTL, Sky) kein Ende. Diese Formel-1-Saison wird von negativen Aspekten geprägt, Spannung und Show scheinen endgültig ausgebremst. Nun sollen auch die Klassiker in Europa ihr Ende finden, zumindest fürchtet das Traditionsrennen in Montmelo um seinen Fortbestand.

Für Grand-Prix-Klassiker der Formel 1 in Europa wird die Luft dünner im Mikrokosmos von Bernie Ecclestone. Obwohl das milchig-gelbe Sonnenlicht über den Hügeln vor Barcelona für die Formel 1 die Farbe der Nostalgie darstellt, zählt für den Briten, 84, weiterhin nur die Farbe des Geldes.

Abschied vom Circuit de Catalunya

In den mobilen Teampalästen, die nur in Kernmärkten die Fahrerlager säumen, herrscht Ungewissheit. Ecclestone hat bereits das Italien-Spektakel in Monza als Streichkandidaten genannt, jetzt verdichten sich die Anzeichen, dass weitere Rennen folgen sollen. „Silverstone, Spanien, Italien, Deutschland, das sind Fundamente dieser Sportart“, weiß sogar WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton über die Bedeutung Bescheid. Kein Rennen mehr auf dem Circuit de Catalunya, undenkbar und doch wahrscheinlich.

Deutschland hat abgewinkt, weil weder der Nürburgring noch Hockenheim die 25-Millionen-Euro teure Teilnahmegebühr für den PS-Zirkus aufbringen konnten. Frankreich ist seit 2008 ein weißer Fleck auf der F1-Landkarte, der 27-malige Gastgeber Imola ist bereits 2006 ausradiert worden. Spa schreibt seit Jahren mit seinem Grand Prix rote Zahlen. Selbst Silverstone kann mit ausverkauftem Haus nicht mehr kostendeckend wirtschaften. 2016 soll mit Monza ein weiterer Traditionskurs verloren sein. Ecclestone sagt es deutlich, relativ deutlich: „Niemand ist unersetzlich. Wir haben perfekte andere Rennen, die einspringen können.“

Legenden, Stimmung, Flair, seine eigenen Erinnerungen – all das zählt für Ecclestone, der beim Formel-1-Besitzer, der Investmentgesellschaft CVC, angestellt ist, nicht. Er sucht ausnahmslos nach sicheren Geldquellen, seine Partner müssen liquide sein. Auf Kredite legt er keinen Wert, Vorschüsse sind Wunschdenken. Vorauszahlungen stets willkommen, vorzugsweise womöglich in bar.

2016 taucht tatsächlich eine neue Strecke fix im Kalender auf, die Formel 1 entdeckt Aserbaidschan und wird in Baku fahren. China, Bahrain, Sotschi, Singapur und Abu Dhabi – die Weltmeisterschaft der Formel 1 macht in vielen Nationen Station, in denen Dollar vor Menschenrechten kommen. Aber das machen ja andere Sportarten und Verbände wie Fifa (Fußball) oder das Internationale Olympische Komitee seit Jahrzehnten schon so. Dem Geschäftssinn hat es nie geschadet, Beschwerden aus dem Bereich der Sportler sind keine übermittelt – sofern sie nicht ohnedies vorab schon untersagt worden sind. Zudem, weitere Anwärter stehen mit Katar oder Iran etc. Schlange vor Ecclestones Büro in London.

Die Worte des Geldverstehers

Dass die Formel 1 ob dieser Länder noch mehr Zuschauer verlieren wird, ist ausgeschlossen. Die Sehnsucht der Fahrer, sich auf Klassikern zu verewigen, ist für Ecclestone wie das Verlangen eines Kleinkindes nach Schokolade. Kontrollierbar, und sofern es schnell Ersatz gibt, noch schneller enden wollend. Trotz aller Bedenken setzt er seinen Kurs fort. „Wir müssen uns keine Sorgen machen. Alle werden sich freuen.“ (dpa/fin)

AUF EINEN BLICK

Bernie Ecclestone lieferte vor dem GP in Barcelona (Sonntag, 14 Uhr) Anlass für Spekulationen. Der Geschäftsführer der Formel 1 wollte Fragen über das Rennen 2016 nicht beantworten. Auch Monza soll auf der Streichliste stehen.
Mercedes dominierte, wenig überraschend, die Trainingsfahrten. Nico Rosberg fuhr in der ersten Session Bestzeit in 1:26,828 Min. [ EPA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2015)

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