Türkei und Armenien vereinbaren Versöhnungsprozess

Tuerkei und Armenien wollen sich versoehnen
Tuerkei und Armenien wollen sich versoehnen(c) EPA (Tolga Bozoglu)
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Die beiden Länder streben die "Entwicklung gutnachbarlicher Beziehungen" an. Im frühen 20. Jahrhundert wurden 1,5 Millionen Armenier bei einem Völkermord, den die Türkei bis heute abstreitet, getötet.

Die lange verfeindeten Nachbarstaaten Türkei und Armenien haben sich nach monatelangen Verhandlungen auf einen Fahrplan zur Normalisierung ihrer Beziehungen geeinigt. Ziel seien Friede, Sicherheit und Stabilität in der gesamten Region, teilte das türkische Außenministerium am Donnerstag in Ankara mit. Die Übereinkunft kam unter Vermittlung der Schweiz zustande.

Unklar blieb, wann es zu der für die kommenden Wochen erwarteten Öffnung der Grenze zwischen beiden Staaten kommen soll. Die USA begrüßten die Vereinbarung. Aserbaidschan forderte am Donnerstag, vor einem Abzug armenischer Soldaten aus dem besetzten Berg-Karabach (Nagorny-Karabach) dürfe es keine Normalisierung der türkisch-armenischen Beziehungen geben.

"Fortschritt und gegenseitiges Verständnis"

Die Gespräche hätten "konkrete Fortschritt und gegenseitiges Verständnis" gebracht, teilte das Außenministerium in Ankara mit, ohne Einzelheiten der vereinbarten Roadmap zu nennen. Die Zeit Einzelheiten zu nennen sei noch nicht reif, sagte eine Person aus dem türkischen Außenministerium der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir werden unsere Politik der leisen Diplomatie fortsetzen." Nunmehr sei eine "positive Perspektive" geschaffen worden. Die USA begrüßten den Entspannungskurs und drängten zur Eile. Die Staaten sollten ihre Beziehungen "innerhalb eines vernünftigen Zeitraums" normalisieren, forderte das Außenministerium in Washington.

Aserbaidschan forderte den Abzug der armenischen Soldaten aus dem besetzten Berg-Karabach. Der Abzug und die Normalisierung der Beziehungen zwischen der Türkei und Armenien müssten zeitgleich stattfinden, zitierte die aserbaidschanische Onlineseite "Today.Az" einen Sprecher des Außenministeriums in Baku.

Beziehungen 1993 abgebrochen

Die Türkei und Armenien hatten ihre Beziehungen 1993 wegen des Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach (Nagorny-Karabach) abgebrochen. Einen weiteren Streitpunkt zwischen den Ländern bildet die Anerkennung des Massakers an Armeniern 1915 im Osmanischen Reich. Armenien verlangt von der Türkei die Anerkennung der Gewalttaten als Völkermord, an die Armenien am Freitag mit einem nationalen Gedenktag erinnert. Bei den Massakern sollen nach Schätzungen bis zu 1,8 Millionen Armenier ums Leben gekommen sein. Mit einer Demonstration in der armenischen Hauptstadt Eriwan sollte am Donnerstagnachmittag der Forderung an die internationale Gemeinschaft Nachdruck verliehen werden, die Geschehnisse als Genozid anzuerkennen.

Die Armenische Revolutionäre Föderation (Dashnaktsutiun) drohte aus Protest gegen die mit Ankara erzielte Vereinbarung mit einem Austritt aus dem Regierungsbündnis in Eriwan. Vorbedingung für freundschaftliche Beziehungen zur Türkei müsse deren Anerkennung des Völkermords an den Armeniern sein, erklärte die nationalistische Partei zur Begründung. Armeniens älteste politische Partei, die auch in der zwischen Armenien und Aserbaidschan umstrittenen Kaukasus-Enklave Berg-Karabach aktiv ist, verfügt über drei Kabinettsposten.

Türkei weist Vorwürfe zurück

Die Türkei geht dagegen von etwa 200.000 Toten aus und weist den Vorwurf des Völkermords zurück. US-Präsident Barack Obama hatte beide Staaten während seines Türkei-Besuchs Anfang des Monats aufgefordert, ihre Beziehungen rasch zu normalisieren. Zugleich sagte er, es sei unverändert seine Meinung, dass die damaligen Ereignisse als Völkermord zu bewerten seien.

Als erster Staatschef der Türkei hatte Präsident Abdullah Gül im September vergangenen Jahres Armenien besucht und eine Zusammenarbeit angeboten. Sein armenischer Amtskollege (Sergej/Serzh) Sarkissjan (Sarkissian) hatte ihn zum Qualifikationsspiel beider Länder zur Fußballweltmeisterschaft 2010 eingeladen. Der armenische Präsident hatte vorher in einem Interview erklärt, die türkische Anerkennung eines Völkermordes an den Armeniern sei keine Voraussetzung für die Verbesserung der Beziehungen.

(Ag.)

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