Rheingold, schlank glänzend und doch auch leicht getrübt

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Steigerungsfähig: Der Auftakt zu Rattles erstem Staatsopern-"Ring".

„Wer ihn besitzt, den sehre die Sorge, und wer ihn nicht hat, den nage der Neid“: Nein, es geht nicht um den Chefsessel der Berliner Philharmoniker, sondern um Alberichs Ring. Während man an der Spree vergeblich einen Nachfolger von Sir Simon Rattle küren wollte, war dieser zwischen Isar und Donau in Sachen Wagner unterwegs. Nach einem konzertanten „Rheingold“ beim Bayerischen Rundfunk dirigiert er zweimal den ganzen „Ring des Nibelungen“ erstmals auch in Wien.

Der Auftakt des ersten geriet allerdings noch etwas unausgeglichen, obwohl die investierte Sorgfalt hörbar wurde: im akzentlosen Fluss der Streicher während des Vorspiels oder in der schlank tönenden Anrufung des Rheingolds. Rattle ist vielleicht mehr Pointenjäger als großer Architekt, obwohl er Zwischenspiele und Schluss mit schlagkräftig geballter, dennoch nobler Fortissimokraft disponiert hat. Goldrichtig jedoch, bei diesem Konversationsstück mit Musik auf Wagners noch sehr durchsichtig instrumentierte, farblich oft penibel gemischte Orchesterkommentare besonderen Wert zu legen. Das ist freilich nur gelungen, soweit die Musiker im wahrsten Sinn des Wortes mitgespielt, und sich nicht, wie in der Hornsektion, über herkömmliche Gickser hinaus Unsicherheiten und Irrtümer gehäuft haben: Insgesamt die gute Generalprobe zu einem Märchen, erzählt ohne Schleppen und mit einer merklichen Prise Ironie.

Hervorragende Göttinnen

Die Besetzung war jener in München ähnlich, mit signifikanten Änderungen: Die eigentlich als Fricka vorgesehene Elisabeth Kulman zog sich überraschend ins Konzertleben zurück, das Wiener Wotan-Debüt Michael Volles ist krankheitshalber auf den zweiten „Ring“ verschoben. Das führte wieder zum Aufstieg des als Alberich angesetzten Tomasz Konieczny vom Schwarz- zum Lichtalben. Der Wotan ist aber nur seine zweitbeste „Ring“-Partie: Bei aller imposanten Attacke rücken seine Vokalverfärbungen die Figur zu sehr in die Nähe eines grimmigen Bösewichts. Trotz kleiner Schwächen in Nibelheim konnte ihn darin der Amerikaner Richard Paul Fink als neuer Alberich noch überbieten. Ungewöhnlich edel und kultiviert dagegen Peter Rose und Mikhail Petrenko als Riesen, noch im Wachsen und Werden der neue Loge von Herbert Lippert, hervorragend die Göttinnen von Michaela Schuster, Olga Bezsmertna und Janina Baechle: fast einhelliger Jubel. (wawe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2015)

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