Der Dauerstreit ums Roaming

APA/dpa/Daniel Naupold
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Sonne und steigende Temperaturen sind erste Vorboten für die anstehende Urlaubssaison. Doch auch die alljährliche Diskussion zum Thema Roaming zählt mittlerweile dazu.

Anrufe, SMS und vor allem das Aufrufen von Internetseiten auf dem Smartphone können nach dem Urlaub manch böse Überraschung mit sich bringen. Für die Nutzung dieser Dienste fallen im Ausland nämlich Extrakosten an.

Die anfänglichen exorbitanten Summen wurden in den letzten Jahren Schritt für Schritt vom Europaparlament gekürzt. Hin in Richtung der gänzlichen Abschaffung der Roaming-Gebühren im EU-Ausland bis spätestens 2015.

Doch daraus scheint nichts zu werden, oder doch? Es ist zumindest nicht das erste Mal, dass ein Datum für das Ende der Extrakosten im Ausland genannt wurde. Und es ist auch nicht das erste Mal, dass dieser Termin nicht eingehalten wird. Erste Anzeichen dafür gab es bereits im Herbst 2014. Das damalige Vorsitzland Italien hatte laut über eine Verschiebung der Roaming-Abschaffung nachgedacht. Ein Geheimpapier aus dem europäischen Rat vom 27. April, das vergangene Woche aufgetaucht ist, belegte, dass die Roaming-Gebühren wieder aktuell sind und alles andere als vom Tisch.

Roaming-Gebühren 2.0

Die EU-Kommission scheint nämlich die Rechnung ohne die zuständigen Fachminister gemacht zu haben. Jenen ist die Meinung der Mobilfunkbetreiber nämlich mindestens genau so viel wert wie die Anliegen der Verbraucher. Eine vollständige Abschaffung steht dem Arbeitspapier zufolge nicht mehr zur Diskussion. Man möchte erneut eine gesetzliche Preisschranke einführen. Diese beinhaltet eine homöopathische Dosis an jährlichem Kontingent. So sollen maximal 50 SMS, 50 Minuten Telefonie und 100 Megabyte Daten heruntergeladen werden. Das vorgeschlagene Datenvolumen entspricht dabei ungefähr 30 Minuten YouTube oder 50 Minuten Nutzung von Kartendiensten wie Google Maps oder bis zu 200 Webseiten-Aufrufe. Dieses Kontingent ist schnell aufgebraucht, und sobald dies der Fall ist, schlagen wieder die bereits bekannten Zusatzkosten zu Buche. Für die Mobilfunkbetreiber ist die Neuauflage der Verhandlungen ein Teilerfolg. Mittlerweile sind die Auslandsgebühren der einzige Posten, der noch Gewinn verspricht. Die frühere Cash-Cow, die SMS, ist längst durch Nachrichtendienste wie WhatsApp und Googles Hangouts ersetzt worden.

Den Wegfall der Roaming-Gebühren beziffert die Telekom Austria 2016 mit einem Ausfall von 300 Millionen Euro. Angesprochen auf die Zeit nach den Roaming-Gebühren reagieren die heimischen Anbieter zögerlich. Einig scheinen sie sich aber trotzdem zu sein. Nämlich, dass die weggebrochenen Roaming-Einnahmen durch höhere Tarife kompensiert werden.

Neues Übergangsmodell

Doch auch im Mobilfunkbereich wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Nur wenige Tage nach dem aufgetauchten Arbeitspapier präsentiert Lettland, das vorsitzende Land der EU-Staaten, einen weiteren Vorschlag. Dabei ist man um Kompromiss bemüht. Und da dieser Vorschlag überhaupt noch auf dem Tisch liegt, bedeutet, dass er Aussicht auf Erfolg hat.

Spätestens 2018 sollen die Roaming-Gebühren ersatzlos gestrichen werden. Bis dahin soll das jährliche Gratis-Kontingent 40 SMS, 40 Sprachminuten und 80 Megabyte Datenvolumen beinhalten. Das ist zwar weniger als beim Vorschlag der Fachminister, inkludiert aber zumindest langfristig die gänzliche Streichung der Auslandskosten.

Derzeit dürfen Mobilfunkanbieter von Kunden im europäischen Ausland nicht mehr als 19 Cent pro Minute für abgehende Anrufe, fünf Cent für ankommende Anrufe, sechs Cent pro verschickter SMS und 20 Cent pro Megabyte Daten verlangen. Die Mehrwertsteuer ist in dieser Kalkulation noch nicht enthalten. Eine endgültige Entscheidung wird wohl erst in den kommenden Monaten getroffen werden. Also in diesem Jahr wird es nichts mit dem Aus der Gebühren.

Bis dahin hat man als Nutzer aber ein paar Möglichkeiten, eine exorbitante Handyrechnung zu vermeiden, wenn man ins Ausland fährt. Mittlerweile bieten viele Anbieter zeitlich begrenzte Roaming-Zusatzpakete an. Diese enden zwar meist automatisch, gelten aber meist nur innerhalb der EU.

Und was ist außerhalb der EU beziehungsweise in Ländern, für die es kein Roaming-Paket gibt? Hier ist zuallererst Vorsicht geboten – je nach Land können selbst kurze Gespräche oder geringe Datenmengen noch immens teuer werden. Sollte man also für mehrere Wochen verreisen, empfiehlt es sich, bei einem ansässigen Anbieter eine Wertkarte zu kaufen. Dabei sollte man darauf achten, dass das eigene Gerät auch für andere Betreiber freigeschaltet ist. Der Vorteil beim Kauf einer Wertkarte ist, dass man deutlich günstiger im Internet surfen kann, auch Anrufe in die Heimat sind günstiger, als wenn man über den eigenen Anbieter telefoniert. Außerdem hat man immer die Kosten im Blick. Der Nachteil: Man ist nicht unter der eigenen Nummer zu erreichen.

Um das Datenvolumen nicht in kürzester Zeit aufzubrauchen, sollte man im Urlaubsland auf kostenloses WLAN zurückgreifen, wie zum Beispiel vom Hotel oder von lokalen Hotspots. In jedem Fall sollte man aber das Datenroaming auf seinem Gerät abschalten.

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