Kärntner Finanzloch: Landtag segnet Vertrag mit Bund ab

Kärntner Finanzloch: Landtag segnet Vertrag mit Bund ab
Kärntner Finanzloch: Landtag segnet Vertrag mit Bund ab APA/GERT EGGENBERGER
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Mit der Vereinbarung kann Kärnten wieder Bundesgelder abrufen. Der VP-Abgeordnete Malle las den Vertrag vor, um die Verschwiegenheitsklausel auszuhebeln.

Der Kärntner Landtag hat am Donnerstag den Finanzrahmenvertrag des Landes mit der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) einstimmig abgesegnet. Mit der Vereinbarung kann Kärnten wieder Bundesgelder abrufen, um sich zu finanzieren. Ein die vergangenen Wochen drohendes Liquiditätsproblem ist damit abgewendet. Dem Beschluss ging eine etwas turbulente Debatte im Landtag voraus.

Der ÖVP-Abgeordnete Markus Malle sorgte nämlich gleich zu Beginn der Debatte für Lücken in den Reihen der Abgeordneten. Er las den 25 Seiten starken Vertrag wortwörtlich vor, um die "einzigartige und nicht zu akzeptierende" Verschwiegenheitsklausel im Vertrag auszuhebeln - immerhin handle es sich um einen Vertrag zwischen zwei öffentlichen Institutionen, so Malle. Das Kalkül des Abgeordneten: Durch das Vorlesen findet sich der Text im stenografischen Protokoll und ist für jedermann nachzulesen. Für das Vorlesen des Vertrags erhielt Malle Lob von den anderen Abgeordneten, andererseits gingen aber auch gleich Gerüchte im Landhaus um, dass der Vertrag mit dem Vortrag gebrochen und nichtig sei.

Ministerium: Vertrag weiter gültig

Dem widersprach aber das Finanzministerium: Natürlich müssten die Abgeordneten den Inhalt kennen, um darüber abstimmen zu können, hieß es aus dem Büro von Ressortchef Hans Jörg Schelling (ÖVP). Der Vertrag sei daher weiter gültig. Das Vorlesen des Vertrags - und damit auch das Festhalten des Inhalts im stenografischen Protokoll - löse "überhaupt nichts aus", lautete der Kommentar aus dem Finanzministerium.

Unter dem Punkt "Verschwiegenheitsverpflichtung" heißt es in dem Rahmenvertrag wörtlich: "(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, über den Abschluss und den Inhalt des gegenständlichen Rahmenvertrages sowie jedes Darlehensvertrages gegenüber Dritten strikte Verschwiegenheit zu bewahren, soweit nicht eine gesetzliche Auskunftspflicht besteht oder eine Vertragspartei von der anderen Vertragspartei von der Verschwiegenheitspflicht ausdrücklich entbunden wurde." Die Befassung der Gremien des Landtages oder "gerichtliche und verwaltungsbehördliche Verfahren" sind davon ausgenommen.

Weiter heißt es: "(2) Die allfällige Abgabe von Erklärungen gegenüber Medien in Bezug auf den gegenständlichen Rahmenvertrag sowie jeden Darlehensvertrag bedarf einer vorherigen Einigung der Vertragsparteien über die Abgabe und den Inhalt der Erklärung." Dann heißt es in dem Vertrag noch, die Verschwiegenheitsvorschriften würden auch für Darlehensverträge gelten, die auf Basis der früheren Rahmenverträge aus 2009 und 2013 abgeschlossen werden.

"Kärnten zum Bittsteller degradiert"

Inhaltlich übten die Kärntner Abgeordneten im Landtag auch Kritik. Der SP-Abgeordnete Günther Leikam warf Schelling vor, "ein unseriöses Politspiel" mit Kärnten gespielt zu haben: "Kärnten wurde zum Bittsteller degradiert". Auch die bei Schelling geortete Vermischung von Heta-Haftungen und Finanzierung des Landes sei "inakzeptabel", meinte Leikam. Der Abgeordnete appellierte an die Solidarität der anderen Bundesländer: "Alle finanzieren sich über die ÖBFA, auch Kärnten ist Teil dieses Österreichs."

Hartmut Prasch (Team Stronach) nannte den Kreditvertrag "eine kurzfristig wirkende Beruhigungspille". Kärnten werde als Sanierungsfall eingestuft, "und das vielleicht nicht ganz zu Unrecht". Wilhelm Korak (BZÖ) dankte dem Verhandlungsteam um Finanzreferentin Gabriele Schaunig (SPÖ) und forderte Solidarität vom Bund. "Kärnten ist nicht Griechenland. Kärnten stand in Krisenzeiten zu Österreich. Österreich soll nun auch zu Kärnten stehen, ohne Wenn und Aber."  Reinhard Lebersorger (Grüne) wandte ein, dass man immer abhängig sei, wenn man sich über andere finanziere. "Die Wehleidigkeit, dass wir jetzt plötzlich die sind, die man hinhält, ist nicht zu verstehen."

"Kärntner behandelt wie die Aussätzigen"

Landesrat Christian Ragger (FPÖ) unterstellte der Kärntner ÖVP, mithilfe Schellings Interessen innerhalb der Koalition durchzusetzen. "Weil auf einmal der kleine Bruder im Süden nicht in der Lage ist, in der Koalition Tritt zu fassen, muss er den großen anrufen." Deshalb sei Kärnten "gequält" worden. "Wir Kärntner sind behandelt worden wie die Aussätzigen in diesen vergangenen Wochen." Als nächstes dran kommen würden Niederösterreich, das Burgenland oder Tirol.

Finanzreferentin Schaunig kündigte abschließend an, dass am Dienstag alle Wohnbauprojekte, die sich in der Warteschleife befinden, beschlossen werden. Dafür wird es eine Sondersitzung der Landesregierung geben.

(APA)

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