Je jünger der Bürgermeister, desto teurer die Wahlgeschenke

2016 würde Republikaner Marco Rubio (geboren 1971) gerne US-Präsident werden. Politiker ist er seit seinen Zwanzigern.
2016 würde Republikaner Marco Rubio (geboren 1971) gerne US-Präsident werden. Politiker ist er seit seinen Zwanzigern.REUTERS
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Studie. US-Forscher untersuchen den Zusammenhang zwischen Alter und Ausgaben eines Politikers. Das Ergebnis: Junge sind spendabler.

Washington. Wenn man sich die Mitglieder der Parlamente ansieht, sieht man meist ältere Herren mit ergrautem Bart und weißen Haaren. Würden junge Politiker anders entscheiden als ihre älteren Kollegen? Dieser Frage gingen amerikanische Wissenschaftler nach.

In ihrer Studie („Old and Young Politicians“) untersuchten der Harvard-Ökonom Alberto Alesina und seine Kollegen Ugo Troiano und Traviss Cassidy von der Universität Michigan den Zusammenhang zwischen dem Alter von Politikern, ihrer Wiederwahl und öffentlichen Ausgaben. Dazu schauten sie sich die wirtschaftlichen Daten italienischer Gemeinden an. Die Städte verwalten gut zehn Prozent der Gesamtausgaben des italienischen Staates. Das empirische Material – Alter der Bürgermeister, Wahlergebnisse, Ausgaben – konnten die Wissenschaftler mithilfe von Daten des Innenministeriums leicht zusammentragen.

Die Wissenschaftler versuchten den Effekt des Alters auf die Regierungspolitik respektive Wiederwahl sowie die öffentlichen Ausgaben zu messen. Das Ergebnis: Junge Stadtoberhäupter werden öfter wiedergewählt und geben besonders vor Wahlen signifikant mehr Geld aus. „Junge Bürgermeister erhöhen eher strategisch Ausgaben und machen mehr Gelder von höheren Verwaltungskosten kurz vor der Wahl locker“, resümieren die Autoren. Mit teuren Wahlgeschenken sichern sich die jungen Bürgermeister ihre Wiederwahl. Der Begriff der Opportunitätskosten bekommt hier eine ganz andere Bedeutung. Offensichtlich sind Jungpolitiker taktisch gewiefter als ihre älteren Kollegen. Die Wissenschaftler deuten dieses Verhalten als Karrierestreben. „Junge Politiker gehen strategischer vor, weil sie noch eine längere Laufbahn vor sich haben“, erklärt Ugo Troiano, Koautor der Studie, auf Anfrage.

Neun Euro pro Kopf mehr

Über die Amtsperiode nivellieren sich die Ausgabenunterschiede zwischen jungen und alten Bürgermeistern. Doch in der heißen Wahlkampfphase wird es richtig teuer für Kommunen mit jungen Stadtoberhäuptern. „Eine Erhöhung des Bürgermeisteralters reduziert die Kapitalausgaben um rund neun Euro pro Kopf“, schreiben die Autoren. Das klingt zunächst nach nicht viel. Doch bei einer 10.000-Einwohner-Gemeinde kommen schnell mal 90.000 Euro beisammen. Und das bei nur einem Jahr Altersunterschied.

Die Frage ist: Verfängt die Strategie? Gibt es zwischen der Wiederwahl und der kurzfristigen Ausgabenerhöhung einen Kausalzusammenhang? Diese Frage sei schwierig zu beantworten, konstatieren die Forscher in ihrem Paper, da Ausgabenentscheidungen unterschiedlich motiviert seien. Doch wahrscheinlich werden Wähler höhere Ausgaben für Schulen oder Parkplätze goutieren.

Der Befund könne auch auf andere politische Systeme übertragen werden, schreiben die Autoren. Würde man das Ergebnis extrapolieren, hieße das, dass junge Regierungschefs wie der griechische Premier Alexis Tsipras (41 Jahre) oder der belgische Ministerpräsident Charles Michel (39 Jahre) mehr Geld ausgeben als ihre älteren Amtskollegen. Die Empirie scheint diese Annahme zu bestätigen. Ob Wahlgeschenke der Wirtschaft förderlich sind, darüber gibt es in der Ökonomie Streit. Im Falle Griechenlands dürften Mehrausgaben wohl nicht zu einer Gesundung der Staatsfinanzen beitragen. Aber ist es nun besser, einen jungen oder einen alten Regierungschef zu haben? Auf diese Frage wollen die Wissenschaftler keine Antwort geben. „Unsere Studie lässt lediglich den Schluss zu, dass junge Politiker strategischer sind“, sagt Troiano.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2015)

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