Milliardenverlust: Das Kommunalkredit-Desaster

(c) AP (Ronald Zak)
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Die Staatsanwaltschaft ermittelt im Zuge der Kommunalkredit-Affäre gegen 22 Personen. Unter anderem gegen Unterrichtsministerin Claudia Schmied. Die Kommunalkredit stellt damit den Bawag-Skandal in den Schatten.

Wien. Die Kommunalkredit hat sich einen Platz in der heimischen Wirtschaftsgeschichte gesichert: Sie fuhr ohne Bürgschaft des Staates im Vorjahr mit 2,6 Mrd. Euro den größten Verlust einer österreichischen Bank ein. Ohne Unterstützung der Republik hätte das Institut nicht bilanzieren können, räumte der neue Bankchef Alois Steinbichler am Dienstag ein.

Die Kommunalkredit stellt damit den Bawag-Skandal in den Schatten. Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner muss sich für einen Schaden von 1,72 Mrd. Euro verantworten. Das Desaster bei der Kommunalkredit entwickelt sich möglicherweise zum Kriminalfall. Bei der Staatsanwaltschaft sind mehrere Anzeigen eingelangt.

Eine Sachverhaltsdarstellung stammt vom Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ). Die Staatsanwaltschaft ermittelt in der Causa gegen 22 Personen wegen des Verdachts der Untreue und der fahrlässigen Krida. „Wir müssen jeder Anzeige nachgehen“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft zur „Presse“. Es sei noch nicht entschieden, ob auch Vorerhebungen eingeleitet werden.

Was wusste Schmied?

Hinterfragt wird unter anderem die Verantwortung von Ex-Kommunalkredit-Chef Reinhard Platzer, der alle Vorwürfe bestreitet. Ermittelt wird auch gegen Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ), die vor ihrem Regierungseintritt von 2004 bis 2006 im Vorstand der Kommunalkredit gearbeitet hat. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Ausgelöst wurden die Verluste unter anderem durch umstrittene Geschäfte einer Kommunalkredit-Tochter in Zypern, die 2002 gegründet wurde. Die Opposition will erfahren, was Schmied von diesen Geschäften wusste.

Die Ministerin lässt ausrichten, dass sie in der Kommunalkredit in erster Linie mit ihrem Arbeitsbereich Finanzierungen, Umweltförderungen und IT befasst gewesen sei. Die Geschäftstätigkeit der Bank sei im Rahmen ihrer Vorstandstätigkeit „auf bonitätsmäßig einwandfreie Transaktionen ausgerichtet“ gewesen.

Neben der FPÖ verlangen auch die Grünen Aufklärung. „Die Kommunalkredit ist ein schwarzes Loch. Es muss klar sein, was auf die Steuerzahler noch alles zukommt“, meint Werner Kogler, Finanzsprecher der Grünen. Die Opposition fordert, dass auch die Rolle der früheren Eigentümer, der österreichischen Volksbanken (ÖVAG) und der französischen Dexia-Bank, durchleuchtet wird. Diese haben das Institut für zwei Euro an den Staat verkauft.

Ringen um Sanierungsplan

Die Volksbanken haben wegen der Kommunalkredit ein Gutachten in Auftrag gegeben, das unter anderem die Rolle von ÖVAG-Chef Franz Pinkl – er war Aufsichtsratspräsident der Kommunalkredit – klären soll. „Mir liegt das Gutachten noch nicht vor“, so ein ÖVAG-Sprecher. Pinkl verlässt Ende April die Volksbanken, um zur Hypo Kärnten zu wechseln.

Laut Kommunalkredit-Chef Steinbichler, der vom Staat als Sanierer geholt wurde, hätte das Institut ohne die Unterstützung der Republik zusperren müssen. Aufgrund der staatlichen Bürgschaft von 1,2 Mrd. Euro konnte die Kommunalkredit in der Vorjahresbilanz den ausgewiesenen Verlust auf 1,45 Mrd. Euro verringern. Grund für das Minus sind unter anderem Abwertungen auf sogenannte „Credit Default Swaps“ (CDS). Dabei handelt es sich um Ausfallsversicherungen beziehungsweise Wetten. Die Kommunalkredit setzte darauf, dass gewisse Finanzgeschäfte nicht schiefgehen, und kassierte dafür Prämien. Das CDS-Portfolio machte zwölf Mrd. Euro aus. Abgeschrieben werden mussten auch isländische Bankenpapiere sowie Positionen bei Lehman Brothers und bei Washington Mutual.

In den nächsten zwei Monaten will Steinbichler mit dem Finanzministerium einen Sanierungsplan ausarbeiten. Dieser muss von der EU-Kommission genehmigt werden. Es ist fraglich, ob die Bank in der jetzigen Form weiterbestehen kann. In Finanzkreisen heißt es, dass die gesunden Teile (wie das Geschäft mit der öffentlichen Hand) möglicherweise verkauft werden. Die Risikopapiere sollen in eine sogenannte „Bad Bank“ ausgelagert und abgearbeitet werden.

AUF EINEN BLICK: DER REKORDVERLUST

Die Kommunalkredit hat im Vorjahr nur durch eine Bürgschaft des Staates einen noch höheren Verlust als die ausgewiesenen 1,45 Mrd. Euro vermieden. Wegen Bewertungsverlusten aus dem Wertpapierportfolio musste die Republik Österreich mit einer Haftung von 1,2 Mrd. Euro einspringen. „Ohne Bürgschaft des Bundes hätten wir einen Verlust von 2,6 Mrd. Euro ausgewiesen“, sagte Alois Steinbichler, seit November 2008 neuer Chef der Kommunalkredit. Die Bürgschaft läuft noch bis Ende September 2009 und ist mit zehn Prozent verzinst. Bis dahin will Steinbichler einen EU-genehmigten Restrukturierungsplan fertig haben. Die Kommunalkredit musste im Vorjahr verstaatlicht werden. Die Bank gehörte zuvor den österreichischen Volksbanken und der französischen Dexia-Bank.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2009)

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