Salzburg: Wenn die Identifikation verloren geht

PK FC RED BULL SALZBURG: H�TTER / SAUER / FREUND
PK FC RED BULL SALZBURG: H�TTER / SAUER / FREUND(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Salzburg spricht plötzlich nicht mehr von der Champions League und sieht eine verstärkte Rolle als Ausbildungsverein. Die Interessen von Trainer Adi Hütter, 45, sind andere.

Salzburg. Noch vor zwei Wochen bejubelte Adi Hütter im Kreis seiner Mannschaft den Gewinn des Doubles, Montagabend gab Red Bull Salzburg die einvernehmliche Auflösung des ursprünglich bis 2016 laufenden Vertrags bekannt. Dienstagmittag trat der Klub in einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit, beide Parteien schilderten ihre Ansichten, die nur noch wenig gemein hatten.

Schon während der abgelaufenen Saison haderte Hütter, vor einem Jahr aus Grödig gekommen, mit den Abgängen vieler Stars. Sadio Mané, Kevin Kampl, Alan – sie allen hatten den Klub für viel Geld verlassen. Es folgten die Abgänge von André Ramalho, Stefan Ilsanker, Peter Gulacsi und Nils Quaschner. Auch Marcel Sabitzer und Massimo Bruno dürfte es nach Leipzig ziehen. „Wenn ein oder zwei Spieler den Verein verlassen, ist das nicht schlimm. Aber acht oder neun? In kurzer Zeit wurden zu viele Spieler verkauft“, sagt Hütter, für den ein weiterer Aderlass nur eine Frage der Zeit scheint. „Naby Keita oder Martin Hinteregger werden, sofern ihre Entwicklung so weitergeht, auch nicht mehr lang hier spielen. Der Weg ist programmiert. Und diesen Weg möchte ich nicht mitgehen.“

Salzburgs Kurskorrektur

Vor einen Jahr, bei Hütters Amtsantritt, wäre die Situation noch eine andere gewesen. Der Klub hatte seine besten Spieler „mit allen Mitteln“ gehalten, war bei Angeboten ausländischer Vereine nicht schwach geworden. Mittlerweile hat Salzburg eine Kurskorrektur vorgenommen. Gezwungenermaßen, wie Geschäftsführer Jochen Sauer meint. „Dieser Weg ist im Grunde alternativlos. Wir können als österreichischer Klub gewisse Marktmechanismen nicht umgehen. Nicht mit Überzeugungskraft und nicht mit Geld.“

Hütter hat für die Salzburger Vorgehensweise in gewisser Weise Verständnis, aber er möchte sie nicht länger mittragen. Er strebt die nächsten Schritten in seiner Entwicklung an, „nach sieben Jahren in Altach, Grödig und Salzburg sehe ich mich nicht mehr nur noch mit Talenten arbeiten“. Der Vorarlberger hat keine Lust, „immer wieder von Neuem zu beginnen. Ich sehe mich in Zukunft nicht als Ausbildungstrainer.“

Hütter dürfte auch die Tatsache missfallen, dass Salzburg dem großen Ziel Champions League nicht mehr alles unterordnet. Zehn Jahre versuchte Red Bull mit aller Macht, aber letztlich vergeblich, endlich in die Königsklasse des Klubfußballs vorzustoßen. Manchmal fehlte ein wenig Glück, meist die nötige Klasse. Selbst vor einem Jahr, mit der vermeintlich besten Salzburger Mannschaft der jüngsten Dekade, scheiterte man am schwedischen Vertreter Malmö.

Nun legt Salzburg den „Champions-League-Rucksack“ ab, laut Jochen Sauer hat eine erfolgreiche Qualifikation nicht mehr höchste Priorität. „Wir wollen international eine gute Rolle spielen, aber die Champions League als Ziel auszugeben, wäre vermessen“, erklärt der 42-Jährige und sorgt damit für Verwunderung.

Salzburg sucht ab sofort „nicht nur auf dem österreichischen, sondern auch auf dem europäischen Markt“ einen Trainer, der sich mit dieser Ausrichtung identifizieren kann. Bis zum Trainingsstart am 27. Juni soll der neue Mann präsentiert werden. Ein möglicher Kandidat ist der Spanier Oscar Garcia (42), einst Stürmer beim FC Barcelona und zuletzt als Trainer beim englischen Zweitligisten Brighton & Hove Albion engagiert. Auch eine konzerninterne Lösung mit Peter Zeidler vom Zweitligisten FC Liefering scheint möglich. „Es hat keinen Sinn, mit Namen zu spekulieren“, sagt Sauer.

Hütter hat „keine große Eile“

Adi Hütter wird die Suche nach seinem Nachfolger interessiert aus der Distanz beobachten. Sein Rückzug aus Salzburg birgt auch gewisse Gefahren, dessen er sich bewusst scheint. „Ich bin kein Trainer, der mit dem Strom schwimmt, ich schwimme manchmal sogar gegen den Strom, um an die Quelle zu kommen“, bemerkt der 45-Jährige, der mit seinem Berater den Markt sondieren wird.

Augenscheinliches Ziel scheint das Ausland. „Aber ich habe nicht die große Eile“, versichert Hütter. „Wenn nicht gleich etwas passiert, werde ich mich zurückziehen und die vergangenen Jahre reflektieren. Es ist viel passiert.“

AUF EINEN BLICK

Adi Hütter und Red Bull Salzburg gehen nach nur einem Jahr und dem Gewinn des Doubles getrennte Wege. Klub und Trainer verfolgen differenzierte Interessen, es geht in erster Linie um Transferpolitik und Vereinsstrategie. Salzburg möchte seinen neuen Trainer bis zum Trainingsstart am 27. Juni gefunden haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2015)

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