Das Kriegsbeil ist begraben: FMA und Prüfstelle einigen sich

(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
  • Drucken

Der Clinch zwischen FMA und der Prüfstelle hat vorerst ein Ende. Ein Machtwort von Finanzminister Schelling gab den Ausschlag.

Wien. „Es kann nicht sein, dass erfolgreiche Unternehmen durch vielleicht schikanöse Vorgehensweisen behindert werden. Das ist nicht akzeptabel. Bringt's das in Ordnung, sonst werde ich eingreifen.“ Diese deutliche Ansage richtete Finanzminister Hans Jörg Schelling vor wenigen Wochen in der Öffentlichkeit an die Vertreter der Finanzmarktaufsicht (FMA) und der Österreichischen Prüfstelle für Rechnungslegung. Beide sind als Bilanzpolizei seit Anfang 2014 für die Prüfung kapitalmarktorientierter Unternehmen zuständig – und genauso lange liegen sie auch schon miteinander im Clinch.

Doch all das soll nun vorbei sein. Denn die Machtworte Schellings verfehlten ihre Wirkung nicht. Statt am Mittwoch die Fehde vor dem Bundesverwaltungsgericht Wien fortzusetzen, verschickten die FMA und die Prüfstelle am Donnerstag eine Pressemitteilung und begruben ihr Kriegsbeil darin hochoffiziell: Man habe sich im Zuge eines Mediationsverfahrens zu offenen Fragen der Auslegung des Rechnungslegungs-Kontrollgesetzes geeinigt. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sei einvernehmlich beendet worden.

Programmierter Konflikt

Wen interessiert, wie es zu dem Streit überhaupt kommen konnte, muss nur einen Blick in das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz werfen. Es ist die Rechtsgrundlage für das bilanzpolizeiliche Enforcement-Verfahren.

Seiner schweren Geburt – Österreich führte die Bilanzpolizei als letztes von allen EU-Ländern ein – ging ein politischer Machtkampf der beiden Koalitionsparteien voraus: Während sich die SPÖ dafür stark machte, die Bilanzprüfung ausschließlich bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) anzusiedeln, setzte sich die ÖVP vehement für ein zweistufiges Modell ein. Neben der FMA sollte es auch noch einen privaten Verein als Prüfstelle geben. Vor allem die Wirtschaftsprüfer fürchteten nämlich, die FMA könnte jeden noch so kleinen Fehler im Jahresabschluss gar zu aggressiv verfolgen.

Das Ergebnis des Hickhacks ist bekannt: ein schlechtes Gesetz, das ein eineinhalbstufiges Modell vorgesehen und Machtkämpfe programmiert hat. Zu diesen kam es auch prompt. Auslöser des Streits war ein Bescheid vom Februar 2014, in dem die FMA der Prüfstelle vorschrieb, welche Unternehmen sie zu prüfen habe. Die Prüfstelle bekämpfte den Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht mit dem Argument, es gebe für diesen Hoheitsakt keinerlei gesetzliche Grundlage.

Doch damit nicht genug. Noch frostiger wurde die Stimmung, nachdem die Prüfstelle bei den Unternehmen ihre ersten Bilanzkontrollen abgeschlossen hatte. Denn kurz nachdem die Prüfstelle die Jahresabschlüsse der Konzerne wochenlang und sehr genau unter die Lupe genommen hatte, klopften schon die nächsten Kontrolleure – diesmal allerdings von der FMA – an die Tür und begannen von vorn.

Für diese Nachprüfungen brachten die betroffenen Unternehmen keinerlei Verständnis auf, zumal sie mit enormem zeitlichen und personellen Aufwand verbunden waren. „Das Gesetz hat den Sinn, die Rechnungslegung in Österreich zu verbessern und das Vertrauen in den Kapitalmarkt zu stärken und nicht die börsenotierten Unternehmen hierzulande zu schikanieren“, so der einheitliche Tenor.

Die FMA schob der Prüfstelle den schwarzen Peter zu, indem sie die Doppelprüfungen mit der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Prüfstelle begründete. Da sie nicht bereit sei, der FMA den gesamten Prüfungsakt vorzulegen, sei sie gezwungen die Prüfung an sich zu ziehen. Die Prüfstelle wiederum konterte, das Gesetz verpflichte sie zur Geheimhaltung, sie dürfe diese Infos gar nicht weitergeben.

Schelling will Ruhe

Wie auch immer: Nicht nur den Unternehmen, sondern auch deren Wirtschaftsprüfern ging das Hickhack gehörig gegen den Strich.

Das musste auch Schelling zur Kenntnis nehmen, der bei jeder Gelegenheit auf die missliche Lage angesprochen wurde. Doch der Finanzminister kann eines nicht gebrauchen: sich neben Steuerreform und Hypo-Skandal noch mit einer zerstrittenen Bilanzpolizei und einem gequälten Kapitalmarkt herumzuschlagen.

Und hält der gerade ausgerufene Frieden zwischen FMA und Prüfstelle, wird er das auch so schnell nicht müssen – jedenfalls vorerst.

Ob die Vereinbarung der beiden das Papier wert ist, auf dem sie geschrieben ist, werden die nächsten Bilanzprüfungen ohnehin schon bald zeigen. Denn erst dann werden die börsenotierten Unternehmen sehen, ob sich FMA und Prüfstelle an ihre Abmachung halten – oder der Zoff doch weitergeht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.