Fritz Muliar ist tot

(c) APA (HERBERT PFARRHOFER)
  • Drucken

Der Volksschauspieler starb mit 89 Jahren im Wiener AKH. Am Sonntag stand er noch in der Josefstadt auf der Bühne. Am Abend wurde er dann ins Spital eingeliefert.

Der Schauspieler Fritz Muliar ist tot. Er starb mit 89 Jahren in der Nacht auf Montag im Wiener AKH, bestätigte das Theater an der Josefstadt. Dort stand Muliar am Sonntagnachmittag noch in "Die Wirtin" auf der Bühne. Am Abend war der Volks- und Charakterdarsteller zusammengebrochen und in das Wiener AKH eingeliefert worden, wo er in der Nacht auf Montag verstarb.

"Ich bin todtraurig. Fritz Muliar war jemand ganz Besonderer", hieß es in einer ersten Reaktion von Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger, "Ich habe ihn als Freund gewonnen und sehr sehr gern gehabt. Wir haben noch viele Pläne gehabt gemeinsam für die Josefstadt." Am 12. Dezember hätte Fritz Muliar seinen 90. Geburtstag gefeiert.

Nur knapp dem Tod entgangen

Muliar wurde 1919 als Friedrich Ludwig Stand in Wien geboren. Sein leiblicher Vater war ein Tiroler k.u.k. Offizier, der sich um seinen Sohn nicht kümmerte und später Nationalsozialist wurde. Muliars Mutter Leopoldine Stand, war eine engagierte Sozialdemokratin. Sie heiratete den russisch-jüdischen Juwelier Mischa Muliar.

Bereits im Alter von 17 Jahren feierte Fritz Muliar sein Debüt im Kabarett "Der liebe Augustin". Nach einer Zeit als Operettenbuffo am Innsbrucker Landestheater kam Muliar zu Karl Farkas ins "Simpl", wo er seinen facettenreichen Schliff als Kabarettist, Conferencier, Spaßmacher und Charakterkomiker vervollkommnen konnte.

1940 wurde Muliar zur Wehrmacht eingezogen, wo ihn ein österreichischer Kamerad denunzierte. Wegen "Wehrkraftzersetzung" und Betätigung zur Wiederherstellung eines freien Österreich saß er 1942 sieben Monate in Einzelhaft, wurde gar zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde jedoch zur "Frontbewährung" in einer Strafeinheit an der Ostfront ausgesetzt. Das Kriegsende verbrachte Muliar in englischer Gefangenschaft.

Vom Simpl in die Burg

Nach dem Krieg startete Muliar eine beispielhafte Karriere. Von 1951 bis 1963 war er am Wiener Volkstheater engagiert und spielte parallel dazu dreizehn Jahre lang im Kabarett "Simpl". Von 1964 bis 1977 war das Theater in der Josefstadt seine künstlerische Heimat.

1974 wurde er Mitglied des Burgtheaters, dem er bis zu seiner Pensionierung 20 Jahre lang angehörte. 1994 kehrte er wieder in die Josefstadt zurück.

Im Burgtheater spielte Muliar den Peachum in Brechts "Dreigroschenoper", wofür er die Kainz-Medaille bekam, den Pompejus in Shakespeares "Maß für Maß", den Wenzelslaus in Lenz' "Der Hofmeister", den Theaterdirektor in Shaffers "Amadeus" und war in Nestroy-Produktionen unverzichtbar.

Streit mit Peymann

Der bekennende Sozialdemokrat und Freimaurer Muliar war allerdings auch ein streitbarer Mensch. Das stellt nicht nur in seiner langjährigen Tätigkeit als Publikums- und Stiftungsrat im ORF unter Beweis, sondern auch die Auseinandersetzungen innerhalb des Theaterlebens. 1990 kündigte er im Zorn über eine weitere Vertragsverlängerung für Direktor Claus Peymann seine Pensionierung an. 1997 gestaltete er eine "Anti-Peymann-Artikelserie" in der "Kronen Zeitung" - der Streit mit Theatermacher war erst im vergangenen Oktober weitergegangen. Miliar klagte Peymann wegen Rufschädigung.

Seine Kündigung machte Muliar nicht wahr: 1992 spielte er unter der Regie von Franz Morak in Felix Mitterers "Sibirien" - es war einer seiner größten künstlerischen Erfolge. Im November 2007 feierte er in den Kammerspielen sein 70-jähriges Bühnenjubiläum mit dem eigens für ihn geschriebenen Mitterer-Stück "Der Panther".

Film und Kleinkunst

Zu seiner Arbeit gehören auch Kinofilme wie "Wien, du Stadt meiner Träume" unter Willi Forst und "Der veruntreute Himmel" unter Ernst Marischka. Fernsehklassiker wurden Literaturverfilmungen wie "Schwejk" nach Jaroslaw Haseks Klassiker, oder der "Bockerer".

Immer mehr beschäftigte sich der beliebte Conferencier in den vergangenen Jahren allerdings mit Kleinkunstabenden, etwa als Interpret jüdischer Witze und der Kaffeehausliteratur, von Alfred Polgar und Anton Kuh bis zu Hans Weigel und Friedrich Torberg. Er veröffentlicht auch heitere, teils autobiografische Bücher: "Das beste aus meiner Jüdischen Witze- und Anekdotensammlung", "Wenn Sie mich fragen" oder "War's wirklich so schlimm". Seine Biografie "Melde gehorsamst, das ja!", eine Aufzeichnung seiner "Lebensabenteuer" erschien 2003 im Styria Verlag.

Vielfach geehrt

Geehrt wurde der Muliar vielfach, u. a. mit dem Professor-Titel, Ehrenmitgliedschaften von Burgtheater und Josefstadt, dem Nestroy-Ring, dem Großen Silbernen Ehrenzeichen der Republik.

Mehr als fünfzig Jahre lang war Muliar mit der ehemaligen Fernsehsprecherin Franziska Kalmar verheiratet. Mit ihr hatte er die beiden Söhne Alexander und Martin, sein erster Sohn Hans starb 1990.

"So lange man von einem Menschen spricht ..."

"Trotz meines Glaubens an Gott hab ich mich nicht dazu durchringen, auch an ein Leben nach dem Tod zu glauben", schrieb Muliar in seiner Autobiografie. "Nur die Taten eines Menschen leben weiter. Und so lange man von einem Menschen spricht, ist er wohl gestorben, aber nicht tot."

In Memoriam

Fritz Muliar im ORF

Der "Kulturmontag" am 4. Mai (ab 22.30 Uhr, ORF 2) widmet sich dem österreichischen Volksschauspieler und Regisseur und zeigt ein 30-minütiges Muliar-Porträt.

Um 23.30 Uhr zeigt ORF 2 im "art.film" Franz Moraks Felix-Mitterer-Verfilmung "Sibirien" mit Fritz Muliar in der Hauptrolle.

Am Samstag, dem 9. Mai, steht um 13.10 Uhr in ORF 2 die 1995 entstandene Josefstadt-Produktion "Vermischte Gefühle" am Programm.

Am Sonntag, dem 10. Mai, wiederholt ORF 2 um 9.30 Uhr das Porträt "Fritz Muliar - Beliebt und unbequem".

Am Sonntag um 10.00 Uhr folgt in ORF2 die erste Folge der TV-Adaption von Jaroslav Haseks Roman "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" mit Muliar in seiner Paraderolle als Hundehändler Josef Schwejk.

Um 14.10 Uhr folgt am Sonntag in ORF2 Franz Antels "Lumpazivagabundus"-Verfilmung mit Paul Hörbiger als Knieriem, Gunther Philipp als Zwirn und Joachim Fuchsberger als Leim sowie Fritz Muliar als Bürgermeister.

Fritz Muliar auf Ö1

In memoriam Fritz Muliar sendet Ö1 am Samstag, dem 9. Mai, in der "Hörspiel-Galerie" ab 14.00 Uhr das Stück "Aber wir werden es der Welt noch zeigen" von Hellmut Butterweck. In der ORF-Produktion aus dem Jahr 2007 spielen unter der Regie von Götz Fritsch die Schauspieler Fritz Muliar und Rudolf Wessely: Zwei 95-Jährige reden über Gott und die Welt.

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.