Die Formulierungen seien unklar, lautet die Kritik an Griechenlands Referendum.
Wien. Ist das von Alexis Tsipras für Sonntag angesetzte Referendum über die Sparpolitik Griechenlands überhaupt rechtmäßig? Nein, meinte der Generalsekretär des Europarats Thorbjørn Jagland zum „Guardian“. „Dass die Abstimmung so kurzfristig angesetzt wurde, ist ein Problem. Und ebenso, dass die Fragen (...) nicht sehr klar sind.“
Internationale Standards würden vorsehen, dass ein Referendum mindestens zwei Wochen Vorlaufzeit brauche, um genügend Zeit für Diskussionen zu erlauben, so Jagland. Zudem müssten die Fragen klar verständlich sein. Vor allem im letzten Punkt war Kritik an Athen laut geworden, weil die Fragestellung äußerst komplex ist und nicht klar, ob ein „Nein“-Votum zum Austritt Griechenlands aus der Eurozone führen würde.
Konsequenzen unklar
Deutsche Verfassungsrechtler haben ebenfalls starke rechtliche Zweifel an dem Vorgehen von Tsipras. Der Europa- und Völkerrechtler Christoph Vedder sagte der „Süddeutschen Zeitung“, die Abstimmung sei äußerst fragwürdig. „Griechenland ist Mitglied des Europarats, und im Europarat gibt es Standards für Referenden, die nicht erfüllt sind.“ Vor allem müsse der Inhalt eines Referendums mindestens zwei Wochen vor der Abstimmung bekannt sein. In einer Zeit von nur sechs Tagen sei es weder den Griechen möglich, sich eine Meinung zu bilden, noch der Europarat in der Lage, Wahlbeobachter zu schicken.
Wie Jagland hält er die Frage, die beim Referendum gestellt werden soll, nicht für verständlich. Solch eine Formulierung sei genau das, was die Regeln des Europarats verhindern sollen. Auch sei zweifelhaft, ob die Griechen ausreichend über die Folgen ihrer Entscheidung aufgeklärt sind, sagt Vedder. (red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2015)