Gesundheit: Testpatienten kommen fix

(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
  • Drucken

Das sogenannte Mystery Shopping wurde vom Nationalrat beschlossen. Zuerst wurde es von der ÖVP initiiert, dann bekämpft.

Wien. Erwin Rasinger war von Anfang an dagegen. Also blieb der ÖVP-Gesundheitssprecher sitzen, als am Mittwoch per Zeichen im Nationalrat das Mystery Shopping beschlossen wurde: Jene umstrittene Regelung, bei der Scheinpatienten testen, wie freizügig Ärzte mit Verschreibungen umgehen.

Die Maßnahme gehört zum Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz, mit dem die Regierung einen Teil der Steuerreform gegenfinanzieren will. SPÖ, ÖVP und Grüne winkten das Gesetz trotz Proteste am späten Mittwochnachmittag durch – mit Ausnahme von Rasinger. Marcus Franz, erst kürzlich vom Team Stronach zur Volkspartei übergelaufen, war nicht anwesend. Auch er sprach sich aber gegen „Spitzel“ als Patienten aus.

Die größten Gegner gab es also in der ÖVP – und das, obwohl das Mystery Shopping eine Idee der Volkspartei war. Das gestand auch ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger am Mittwoch ein. Nachsatz: „Aber man kann auch klüger werden.“ Die Regelung sei „überschießend“. Rasinger beklagte außerdem, dass man zu Beginn der Verhandlungen zwar die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer eingebunden hätte. Ihn allerdings nicht – oder zumindest zu spät. Nachdem er seine Bedenken eingebracht hätte, sei allerdings der gesamte schwarze Klub seiner Meinung gewesen.

Da es sich aber beim Gesetz um ein Bündel an Maßnahmen handle, wollte man sich nicht geschlossen dagegen stellen. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder bot der Koalitionspartei im Vorfeld an, auf das Mystery Shopping zu verzichten. Bedingung: Dafür müsse die im Zuge der Steuerreform eingeführte Negativsteuer für niedrige Pensionen auch für Bezieher der Ausgleichszulage gelten. Auf solche Gegengeschäfte wollte sich die ÖVP allerdings nicht einlassen.

Rauchverbot: Kirche kann ausatmen

Beschlossen wurde auch das Rauchverbot in der Gastronomie. Bis es tatsächlich umgesetzt wird, dauert es allerdings noch eine Weile – genauer bis zum 1. Mai 2018. Als Anreiz für einen vorzeitigen Umstieg von Unternehmen schon vor Juli 2016 wird es eine steuerliche Prämie für getätigte Umbauinvestitionen geben. Neben den klassischen Tabakerzeugnissen sind vom Verbot auch Wasserpfeifen und E-Zigaretten erfasst.

Weihrauch bleibt allerdings weiterhin erlaubt, wie die Erzdiözese Wien am Mittwoch erleichtert feststellte. Neos-Mandatar Niko Alm hatte die (nicht ganz ernst gemeinte) Frage aufgeworfen, ob das Rauchverbot auch kirchliche Einrichtungen umfasst. Schließlich seien beim „Abfackeln“ von Weihrauch in Kirchen oft Kinder und Jugendliche anwesend, außerdem würden Speisen und Getränke, also Oblaten und Wein, zubereitet. Das Gesundheitsressort winkte nach diesem Einwand allerdings sofort ab. (APA/ib)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Politik

"Mystery Shopping": VP-Gesundheitssprecher stimmt dagegen

Das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz ist mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossen worden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.