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"My Generation", welche Generation?

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Der Adoleszenz-Klassiker von The Who wird heuer 50. Patti Smith hat ihn seit 1974 im Programm. Überhaupt hatten Punk-Idole erstaunlich wenig Kontaktscheu vor Songs aus den Sixties.

„Hope I die before I get old“: Weder für Pete Townshend, den Autor dieses Slogans von „My Generation“, noch für Sänger Roger Daltrey hat sich dieser Wunsch erfüllt. Beide leben noch, mit 70 bzw. 71 Jahren, Townshend hat kürzlich sein Meisteralbum „Quadrophenia“ (1972) mit Symphonieorchester neu einspielen lassen, es geht darin– auch – um einen Mod, der plötzlich ganz allein am Strand von Brighton steht, aus der Zeit geworfen.

Er sei ein stets nostalgischer Ex-Mod, erklärte Townshend, als „Quadrophenia“ wieder einmal neu aufgelegt wurde. Als er 1965 „My Generation“ schrieb und Daltrey es stotterte, waren sie noch keine Ex-Mods und noch nicht nostalgisch (Retro kam erstmals 1968), sondern Bannerträger einer Generation, die sich sehr bewusst als solche definierte. Und als jung, als „goddamn young“, wie Patti Smith es später ausdrückte. „My Generation“ war die B-Seite der Single „Gloria“, und Smith spielte es regelmäßig zum Schluss ihrer Konzerte, in einer Version, die nicht wilder klang als das Original (das wäre auch schwer möglich), aber roher, weniger raffiniert, meist auch ohne dramatische Gitarrenzerstörung, ohne Notwendigkeit ergänzt durch einige Wörter mit vier Buchstaben. Auf YouTube findet sich eine Liveaufnahme aus dem Jahr 1979 vom deutschen Rockpalast, wo Patti Smith immerhin das Schlagzeug umwirft, bevor sie – nach viel eher gezwungen wirkendem Feedback – „Good night everybody“ sagt. Vor dem Song entschärfte sie übrigens dessen Schlüsselzeile: „I'd like to thank god I'm alive.“


Prä-Punk. Auch wenn sie selbst emotional tief in der Hippie-Ära steckte, Patti Smith galt als Protagonistin des Punk, der New Wave. Wie passt das zu einem Cover des Sixties-Hits „My Generation“? Gut. Punk wurde vielfach als Zurück zu den Wurzeln empfunden, als Renaissance der Simplizität der frühen Sechzigerjahre, als Abkehr von der Hypertrophie der Rock-„Dinosaurier“ der Siebzigerjahre. So interpretierten etliche Punkbands Songs, die über ein Jahrzehnt alt waren, oft als B-Seiten: The Damned etwa wählten „Help“ von den Beatles als Rückseite ihrer ersten Single „New Rose“; die Sex Pistols kombinierten „No Fun“ von Iggy Pop and the Stooges zu „Pretty Vacant“. Wobei heute viele sagen würden, dass Iggy Pop eigentlich ohnehin schon ein Punk war...

Die wohl erste New-Wave-Band, die einen Bob-Dylan-Song ins Programm nahm, waren übrigens XTC: „All Along The Watchtower“ spielten sie auch live 1979 beim Stadtfest Wien. TK

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2015)

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