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„Hip Hop Open“: Blick durch die grüne Brille

asap rocky
asap rocky(c) Philipp Splechtna
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Rapper A$ap Rocky beschwor in der Wiener Arena den „Purple Swag“, das Duo ASD die Antihaltung.

Die Beziehung der populären Musik mit Marihuana hat Tradition. Bob Dylan sang 1966 „Everybody must get stoned“, Rick James gestand 1978 „I'm in love with Mary Jane!“, Peter Tosh forderte 1976 „Legalize it, don't criticize it!“. Und bald nach der Dekade des Seitenscheitels, der synthetischen Beats und der synthetischen Drogen, also den Achtzigern, hielten die Nebelschwaden wieder Einzug in die Musik – vor allem in den Rap: Cypress Hill rauchten auf einem Sample von Dusty Springfields „Son of a Preacher Man“ ungeniert eine Bong, in „How High“ von Method & Redman wurden dem Hörer Flügel verliehen.

In dieser Zeit verdiente sich auch der deutsche Rapper Samy Deluxe seine ersten Sporen, heuer feiert er 20-jähriges Bühenjubiläum. Am Freitag trat er gemeinsam mit Kollegen Afrob als Duo ASD in Wien auf.

Bei der zweiten Auflage des Hip Hop Open Austria in der Arena hatte zuvor ein halbes Dutzend Akteure versucht, das Publikum von der Hitze abzulenken. Es gelang nur bedingt. Erst mit ASD erhoben sich die Besucher. Es raucht sich eben auch gut im Stehen, zu neuen, dröhnenden Songs („Anti-Haltung“) und zu alten Kifferplädoyers („Grüne Brille“): „Kennt ihr noch den Shit aus dem letzten Jahrtausend?“ Die Menge johlte. Die beiden vollbrachten den Job des Anheizers offenbar zur allgemeinen Zufriedenheit – im Gegensatz zum Vorjahr, als Left Boy und die Wiener nicht auf einen grünen Nenner gekommen waren. 2014 hieß die Hauptattraktion Nas, heuer sollte der weltweit gefeierte New Yorker Rakim Mayers alias A$ap Rocky den Verkauf ankurbeln. Das gelang gut, aber nicht sehr gut. Ausverkauft war die Freiluft-Arena nämlich nicht ganz.

Hände hoch – As Soon As Possible!

A$ap steht laut dem Rapper selbst für „Always Strive And Prosper“. Die große Popularität des 26-Jährigen hat aber womöglich auch damit zu tun, dass seine Anhängerschaft sein Kürzel täglich in Kurzmeldungen tippt: Asap steht ebenso für „as soon as possible“. Das Dollarzeichen ist ohnehin chic, gerade in Zeiten des schwächelnden Euro.30Minuten später als vorgesehen begann in Wien die Rocky-Show für die WhatsApp-Generation: „Hands up, asap!“, riefen die beiden DJs ins Auditorium. Dieses folgte ihm.

Äußerlich unterscheidet sich A$ap Rocky deutlich von Rappern der alten Schule: hautenge schwarze Hose, nicht weniger enges Leiberl, schwarze Jacke. So sahen früher Rocker aus! Den Griff ans Gemächt hat er sich von Michael Jackson abgeschaut, manche ruhigere Arrangements („L$D“) von Prince. Überhaupt scheint er Respekt vor den Altvorderen zu haben, singt doch Reibeisenvokuhila Rod Stewart auf seinem neuen Album. Zahm ist er aber nicht geworden. Das ließ er bei seinem kurzen, soliden Konzert in der Arena spüren: „You better move your fucking ass, you lazy motherfuckers in the back...“

Die Wiener Gemütlichkeit kennt er wohl noch nicht. Und mit der Frage „Where are the pot smokers?“ war alles wieder im grünen Bereich. Sogleich stimmte er einen seiner Hits an, in einer A-cappella-Version: „Every day is purple, everyday is purple, everyday is purple.“ Das hatte fast etwas vom Schlager „So ein schöner Tag“, nur eben durch die grüne (oder purpurne?) Brille.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2015)

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