Taliban greifen Kunduz an

Die afghanischen Sicherheitskräfte kämpfen in Kunduz gegen die Taliban.
Die afghanischen Sicherheitskräfte kämpfen in Kunduz gegen die Taliban.(c) APA/EPA/JAWED KARGAR
  • Drucken

Nach einer schweren Anschlagsserie in Kabul folgten mehrere Explosionen in Kunduz. Die Taliban streiten intern über laufende Friedensgepräche.

Die radikalislamischen Taliban haben Afghanistan mit einer Welle der Gewalt überzogen. Nach der verheerenden Anschlagserie in Kabul riss ein Selbstmordattentäter der Extremisten in der nordafghanischen Provinz Kunduz mindestens 25 Menschen mit in den Tod.

21 der Opfer seien Angehörige einer regierungsfreundlichen Miliz gewesen, sagte Provinz-Polizeisprecher Zarwar Hussaini. Zudem seien vier Zivilisten getötet worden, als der Attentäter sein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug nahe einer Versammlung der Miliz zur Explosion brachte. "Der Selbstmordanschlag führte zum Märtyrertum von 21 Zivilisten", erklärte das Innenministerium in Kabul und verurteilte die "feige Tat".

Kunduz von Taliban überrannt

Am Freitag waren bei der schwersten Anschlagserie seit Jahren in der Hauptstadt Kabul nach jüngsten Angaben mindestens 53 Menschen getötet und mehr als 240 verletzt worden. Die Taliban beschrieben die Versammlung im Distrikt Chanabad in Kunduz als "wichtige Zusammenkunft von Anti-Taliban-Milizionären". Die Sicherheitslage in Kunduz ist schlecht, die Provinz wurde kürzlich fast von den Taliban überrannt. Vor knapp zwei Jahren war die deutsche Bundeswehr aus Kunduz abgezogen.

In Kabul hatte am Freitag zunächst ein Selbstmordattentäter in einem Lastwagen versteckten Sprengstoff gezündet. Dann sprengte sich ein zweiter Attentäter in einer Schlange von Kadetten vor der Polizeiakademie in die Luft. Am Abend griffen Taliban-Kämpfer eine Basis der NATO-geführten Ausbildungsmission Resolute Support (RS) an. Dabei wurde auch ein US-Soldat getötet. An der Mission nehmen auch zehn Soldaten des Bundesheeres teil.

Die Taliban bekannten sich zu den Anschlägen in Kunduz und vor der Polizeiakademie sowie dem Angriff auf RS-Soldaten, wiesen aber jede Verantwortung für die Lastwagenbombe zurück. Die Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, Susan Rice, telefonierte am Samstag mit dem afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani wegen der Anschlagserie. Dabei sagte sie ihm anhaltende Unterstützung der Vereinigten Staaten im Kampf gegen den Terrorismus zu.

Vorwürfe gegen lokale Milizen

Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) teilte mit, die Zahl der zivilen Opfer bei den drei Angriffen in Kabul sei die höchste, die die UNO seit Beginn der systematischen Registrierung 2009 an einem einzelnen Tag in Afghanistan verzeichnet hätten. UNAMA rechnete dabei die getöteten und verletzten Zivilisten zusammen.

In Kunduz stellen sich lokale Milizen den Taliban entgegen. Sie stehen allerdings in der Kritik, weil einige von ihnen Zivilisten ermordet haben sollen und illegal Steuern eintreiben.

Führungswechsel bei den Taliban

Der Welle der Gewalt ging ein Führungswechsel bei den Taliban voraus. Dabei zeigten sich Anzeichen innerer Konflikte. So verweigerte die Familie des bisherigen Taliban-Chefs Mullah Omar dem neuen Anführer Akhtar Mohammad Mansour die Gefolgschaft und begründete dies mit Differenzen. Thomas Ruttig vom Afghanistan Analysts Network (AAN) sagte im Deutschlandradio Kultur, der Machtkampf innerhalb der Taliban und der Streit über Friedensgespräche zwischen Taliban und Regierung spielten möglicherweise eine Rolle bei der jüngsten Gewalt.

In der nordostafghanischen Provinz Badakhshan hängten nach Regierungsangaben Taliban-Kämpfer eine 27-jährige Mutter wegen einer angeblichen außerehelichen Beziehung. Die Frau sei von einem Taliban-Gericht im Unruhedistrikt Warduj (Wurduj) der Vorwürfe für schuldig befunden worden, sagte der Sprecher der Provinzregierung, Navid Frotan, am Sonntag. Die dreifache Mutter sei daraufhin am Samstag vor ihrem Ehemann, ihrer Familie und anderen Bewohnern des Dorfes Teergaran hingerichtet worden. Die Taliban äußerten sich zunächst nicht.

(APA/dpa/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Afghanistan: Tödlicher Machtkampf der Taliban

Die fatalen Anschläge in Afghanistan deuten auf interne Reibereien in der Islamistenmiliz hin.
Afghan National Army soldiers watch as an excavator works at the site a truck bomb blast in Kabul
Außenpolitik

Kabul: Schwerste Anschlagserie seit Jahren

Ein Selbstmordattentäter riss vor der Polizeiakademie in Afghanistan mindestens 25 Kadetten mit in den Tod. Zuvor wurden bei einem Anschlag 15 Menschen getötet.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.