China verkauft US-Anleihen

(c) Bloomberg (Qilai Shen)
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China baut rund 180 Mrd. Dollar an US-Staatsanleihen ab – aber die Märkte kümmert das kaum. Die Papiere werden von Banken aufgesogen.

Peking/New York/Wien. Stellen Sie sich vor: China verkauft US-Staatsanleihen – und niemanden kümmert es. Genau das geschieht gerade. Seit Anfang 2014 hat Peking seine Bestände an US-Treasuries um rund 180 Mrd. Dollar verringert. Und der Trend beschleunigt sich, da China Geld zur Unterstützung der Wirtschaft braucht.

China ist auch nicht allein. Japanische Investoren haben im Juni US-Staatsanleihen im Wert von rund 9,4 Mrd. Dollar verkauft – wie Japans Finanzministerium und Zentralbank am Montag mitteilten. Diese Zahlen muss man freilich in Relation setzen: China hält immer noch fast 1,5 Billionen Dollar in US-Staatsanleihen – inklusive jener 200 Mrd., die China offenbar über Mittelsmänner in Belgien hält. Damit bleibt China mit Abstand der größte ausländische Halter von US-Schulden.

Die Märkte haben auf Chinas Treasuries-Abverkauf anscheinend nicht reagiert. Dafür gibt es viele Gründe: Aussichten auf eine Zinswende machen US-Papiere wieder interessanter. Treasuries mit zehnjähriger Laufzeit bringen rund 1,5 Prozentpunkte mehr Rendite als beispielsweise deutsche Bundesanleihen (auch Bunds genannt) mit gleicher Laufzeit. Anfang des Jahres stieg der Unterschied sogar auf 1,9 Prozentpunkte. Dies ist eine relativ neue Entwicklung. Noch 2012 warfen US-Papiere und Bunds noch die gleiche Rendite ab. Gleichzeitig ist der Markt für US-Papiere zwar riesig, aber nicht so groß, wie man meinen sollte. Die US-Notenbank Federal Reserve hält rund ein Drittel der US-Anleihen auf ihren Büchern – eine Folge von Quantitative Easing. Weitere zehn bis 15 Prozent werden von internationalen Zentralbanken gehalten. Diese Papiere fehlen dem Markt.

Aber US-Papiere gelten als „sicherer Hafen“ und können als Sicherheit erster Güte eingesetzt werden. Kein Wunder also, dass Banken und Pensionsfonds die von China verkauften Papiere willig aufsaugen. Allein die US-Banken haben ihre Treasury-Positionen seit März 2014 um rund 300 Mrd. Dollar ausgebaut – auf mehr als 2,1 Billionen Dollar.

„Quelle großer Verletzlichkeit“

Trotz alledem ist die Behandlung der US-Anleihen durch China für die USA eine heikle Angelegenheit. Erst recht, da viele der Treasuries-Dollar eingesetzt wurden, um die Bindung des Yuan an den Dollar während der letzten Kursturbulenzen an Chinas Börsen zu halten. Diese Bindung ist Washington schon lang ein Dorn im Auge.
Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton nannte die große Menge an US-Schulden in den Händen anderer Länder schon 2007 eine „Quelle großer Verletzlichkeit“. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2015)

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