»Notstand«: Eher schlechte Freunde

(c) Verlag der Provinz
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Wolfgang Knabl hat mit »Notstand« ein beeindruckendes Debüt vorgelegt, in dem Menschen auf der Suche nach Erfüllung ihrer Wünsche scheitern.

Wenn 40 das neue 30 ist, ist dann 30 das neue 20? Für die Antihelden im Debüt Wolfgang Knabls eher nicht. Im Vergleich zu diesen ist so mancher Greis energetisch und lebensfroh. Der eine ist Kevin, der andere heißt Franz, ist aber keine Kanaille. Er hat bürgerliche Träume: will eine Familie, ein Haus, viel Geld verdienen – das gute Leben. Doch die Ehe scheint kaputt und für seinen Sohn empfindet Franz eher die Verpflichtung, ein guter Vater zu sein, als Zuneigung. Und im Job läuft es nicht.

Kevin will Rockstar werden. Er tourt durch die Lokale, wird vom Publikum wohlwollend aufgenommen, hat die erste Stufe des Erfolges erklommen. Blöd nur, dass das schon seit Jahren so ist. Kevin muss zusehen, wie Jüngere an ihm vorbeikraxeln und vom Feuilleton gelobt werden. Um das auszuhalten, trinkt er. Auf einer gemeinsamen Sauftour lernen Kevin und Franz Abraham kennen – auch ein Gescheiterter.

Es geht viel um Sex, Alkohol, Drogen. Trotzdem ist Knabl kein Trashautor wie etwa Manfred Rebhandl. Es fehlt das Ironische. Natürlich wackelt Knabl nicht mit dem Zeigefinger und sagt: „Du! Du! Du!“, und auch wenn in diesem Buch so manches sauer aufstößt, Moralin ist es nicht. Aber die Dauerdröhnung und das Leben im Abgrund werden nicht als das einzig Erstrebenswerte, zumindest Lebbare, dargestellt. „Notstand“ ist ein Buch wie ein Sommergewitter, das auf die Leser einprasselt. Man darf gespannt sein, welchen Facetten des Seins sich Knabl in seinem nächsten Buch zuwenden wird. cle

Wolfgang Knabl: „Notstand“, Verlag der Provinz, 380 Seiten, 20 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.08.2015)

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