Bauernbund wünscht sich „Agrarmarkt-Control“

(c) Michaela Bruckberger
  • Drucken

Geht es nach dem Bauernbund, soll eine neue Regulierungsbehörde gegen Dumpingpreise am Lebensmittelmarkt vorgehen.

Wien. Eskalation wolle man keine, auch keine „Traktoren auf den Straßen“, sagt Bauernbund-Präsident Jakob Auer. Aber: „Wir sind knapp davor, französische Verhältnisse zu bekommen.“ Eine deutliche Anspielung auf die jüngsten Proteste und Straßenblockaden französischer Bauern gegen Agrarimporte und Preisverfall.

Preisverfall – konkret bei Milch und Schweinefleisch – sorgt auch in Österreich für Unmut bei den Landwirten. Auer machte diesem Unmut gestern vor Journalisten Luft, gemeinsam mit Bauernbund-Direktor Johannes Abentung und dem Kartellrechtsexperten Meinhard Novak: „Im Moment beobachten wir ein totales Marktversagen.“ Dieses gehe zu Lasten von Bauern, Verarbeitern und Verbrauchern – „denn abgesehen von ein paar Aktionen, die es immer wieder gibt, sehe ich nicht, dass zum Beispiel Fleisch für die Konsumenten um so viel billiger geworden ist“. Womit auch schon klar ist, wogegen sich die Kritik primär richtet: gegen den „ruinösen Preiskampf“, den die großen Lebensmittelhandelsketten einander liefern. Dadurch entstehe enormer Preisdruck auf Verarbeiter und Bauern. Die Wirtschaftsboykotte Russlands als Antwort auf die westlichen Sanktionen hätten die Situation weiter verschärft.

Milch- und Schweinefleischproduktion seien für die Bauern derzeit ein Verlustgeschäft, rechnen die Bauernbündler vor. Vor Österreichs EU-Beitritt habe ein Bauer für Milch 7,20 Schilling bekommen – jetzt seien es im Schnitt 30 Cent, das sei für viele nicht einmal kostendeckend. Beim Schweinefleisch sei es ähnlich, sogar eher noch schlimmer. Zudem werde der österreichische Markt von Deutschland überschwemmt.

E-Control als Vorbild

Abhilfe schaffen möchte der Bauernbund mit der Schaffung einer Behörde, die den Lebensmittelmarkt überwachen soll – einer Agrarmarkt-Control nach dem Vorbild der E-Control für den Strommarkt. Sie soll nach den Vorstellungen der Landwirte unabhängig sein und durch Preisbeobachtung und Marktberichte für Markttransparenz sorgen, aber auch „unverbindliche Preisempfehlungen“ geben können und eine Verbandsklagebefugnis bei Wettbewerbsverstößen bekommen. Was die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) in diesem Bereich tut, ist dem Bauernbund zu wenig: Sie prüfe zwar den Lebensmittelhandel, „aber davon merken wir wenig“. Novak begrüßt, dass die BWB jetzt auch eine neue Kompetenz zum Marktmonitoring habe. Aber: „Das ist noch nicht mit Leben erfüllt“, die großen Erfolge stünden da noch aus.

Das neue Regulierungsorgan soll, geht es nach dem Willen der Bauern, neben der BWB tätig werden. Das sei notwendig, „um Transparenz in die Preisbildung zu bringen und vor allem auch unsere Qualitätskosten einzupreisen“, meint Auer.

Derzeit werde etwa der Verzicht auf Gentechnik in der österreichischen Milchproduktion beim Preis nicht mit einkalkuliert: „Bei den Preisverhandlungen werden unsere Molkereien mit den deutschen Konditionen überrollt.“ Den Mindestpreis, damit die Bauern Milch rentabel produzieren können, setzt Auer bei 40 Cent netto an.

Auch das Thema Milchquote kam angesichts des Preisverfalls wieder aufs Tapet – nicht nur in Österreich. Begehrlichkeiten nach einer Wiedereinführung erteilte EU-Agrarkommissar Phil Hogan jedoch erst gestern eine Absage: „Wir stimmen alle überein, die Marktorientierung der gemeinsamen Landwirtschaftspolitik beizubehalten“, sagte er in Brüssel. Beim schon länger angekündigten Sondertreffen der EU-Landwirtschaftsminister am 7. September sollen Sofortmaßnahmen als Hilfe für die Bauern auf den Weg gebracht werden, meinte er. Darauf hofft auch der Bauernbund. (cka/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.