Sozialleistungen: Vor Bremse bei Familienbeihilfen ins Ausland

Austrian Finance Minister Schelling talks to journalists during a Reuters interview in the western Austrian village of Alpbach
Austrian Finance Minister Schelling talks to journalists during a Reuters interview in the western Austrian village of Alpbach(c) REUTERS (DOMINIC EBENBICHLER)
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Österreichs Kosten für Zahlungen für Kinder außerhalb des Landes sind im Vorjahr um 16 auf 223 Mio. Euro gestiegen. Eine Arbeitsgruppe der Bundesregierung sucht derzeit eine gemeinsame Linie für Einschränkungen.

Wien. Das ist Wasser auf die Mühlen jener, die wie Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) und die FPÖ Änderungen beziehungsweise Beschränkungen bei der Überweisung von Sozialleistungen ins Ausland fordern. Noch vor dem Sommer haben SPÖ und ÖVP gemeinsam eine aus mehreren Ministerien bestehende Arbeitsgruppe bestellt, um mögliche Bremsen und Neuregelungen von Zahlungen zu prüfen. Die rot-schwarze Bundesregierung möchte dieses Thema möglichst rasch vom Tisch haben.

Mitten in den auf Beamtenebene nunmehr laufenden Beratungen hat Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) jetzt die jüngsten Daten vorgelegt – auf Verlangen der FPÖ. Demnach sind die Kosten für Familienbeihilfen, die Österreich für im Ausland lebende Kinder zahlt, im Vorjahr auf 223,1 Millionen Euro gestiegen. Das war, wie aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der FPÖ hervorgeht, ein Plus gegenüber 2013 um rund 16 Millionen Euro.

Tausend Kinder weniger als Bezieher

Bemerkenswert ist dabei allerdings: Die Zahl der im Ausland lebenden Kinder war nach den der „Presse“ vorliegenden Daten des Finanzministeriums sogar rückläufig und ist um rund tausend gesunken. Bezogen im Jahr 2013 noch 25.494 Kinder im Ausland Familienbeihilfe aus Österreich, so waren es im Vorjahr 24.498.

(C) DiePresse

Vonseiten der ÖVP wie auch der FPÖ gibt es seit Längerem Bestrebungen, dass sich die Familienbeihilfe für Kinder, die in anderen EU-Staaten leben, an den jeweiligen Lebenshaltungskosten im betreffenden Land orientieren sollten. Angesichts der Budgetprobleme und zusätzlich nötiger Ausgaben für das Asylwesen würde das zu Einsparungen in Österreich führen. Eine Einstellung der Zahlungen ist hingegen aufgrund der EU-Regelungen ausgeschlossen. Denn die Familien beziehungsweise deren Kinder haben gemäß einer EU-Richtlinie zur Koordinierung der Sozialsysteme Anspruch darauf.

Größte Summe geht nach Ungarn

An einer Umstellung, bei der sich die Höhe der Familienbeihilfen nach den Lebenskosten im jeweiligen EU-Staat richtet, scheiden sich jedoch die Geister. Experten halten eine derartige Einschränkung für vertretbar. Sie plädieren aber, um auf Nummer sicher zu gehen, für eine EU-weite Lösung.

Ein entsprechender Entschließungsantrag der FPÖ liegt im Hohen Haus. Innerhalb der Regierung hat Außenminister Kurz in Österreich die Debatte um Änderungen der Sozialsysteme in der EU vorangetrieben. Im Fokus stehen dabei die Familienbeihilfen. Eine einheitliche Linie gebe es innerhalb der Bundesregierung noch nicht, wurde der „Presse“ am Mittwoch beschieden. Vorerst wird auf Beamtenebene zwischen den Ministerien (Familien, Soziales, Äußeres und Integration sowie Finanzen) weiter beraten. Eine Ministerrunde ist bisher dazu nicht festgelegt worden. Das hat vor allem auch damit zu tun, dass mehrere Ressorts ohnehin mit der Bewältigung des Flüchtlingsstroms mehr als gefordert sind. Es werden noch mehrere Varianten geprüft. Österreichs Bundesregierung bereitet sich damit auch auf Verhandlungen auf EU-Ebene vor, die heuer im Herbst beginnen werden.

Die größte Summe der Familienleistungen wurde für Kinder in Ungarn überwiesen (siehe Grafik). Die Kosten dafür machten im vergangenen Jahr 72,4 Millionen Euro aus, das war gegenüber 2013 ein Anstieg um rund sieben Millionen Euro. In die Slowakei wurden nach der Aufstellung Schellings knapp 50 Millionen Euro transferiert, 33 Millionen nach Polen. Zum Vergleich: Nach Deutschland wurden knapp 20 Millionen Euro an Familienbeihilfen überwiesen. (ett)

AUF EINEN BLICK

Familienbeihilfe. Im vergangenen Jahr wurde für knapp 25.000 Kinder im Ausland Familienbeihilfe aus Österreich überwiesen. Die Zahl der Kinder, die von der Familienbeihilfe profitierten, sank zwar um rund 1000 verglichen mit dem Jahr 2013. Die insgesamt ausgezahlte Summe für die Familienbeihilfen für Kinder im (EU-)Ausland ist innerhalb eines Jahres im Vorjahr allerdings weiter gestiegen – um rund 16 Millionen Euro auf rund 223 Millionen Euro. Eine im Juni eingesetzte Arbeitsgruppe der Bundesregierung, in die das Finanz-, Familien-, Sozial- und Außenministerium eingebunden sind, arbeitet noch an einem gemeinsamen Vorschlag zur Neuregelung der Sozial- und Familienleistungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2015)

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