Strafverfahren: Grasser will Schüssel und Riess als Zeugen

Grasser will Schüssel und Riess als Zeugen
Grasser will Schüssel und Riess als Zeugen(c) Michaela Seidler
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In den Fällen Buwog und Terminal Tower hält die Korruptionsstaatsanwaltschaft an ihrem Anklageentwurf fest. Grasser wehrt sich: Er beantragt Spitzen der einst schwarz-blauen Bundesregierung als Zeugen.

Wien. Was wurde eigentlich aus Karl-Heinz Grasser? Ruhig ist es geworden – rund um die Ermittlungen, die in Sachen Buwog dieser Tage bereits ins siebte Jahr gehen. Doch die Ruhe trügt. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hält an ihrem 2014 verfassten (vom Justizressort noch nicht genehmigten) Anklage-Entwurf fest („Die Presse“ berichtete). Und auch Grasser rüstet sich: Er beantragt aktuell, dass frühere Spitzenpolitiker der schwarz-blauen Bundesregierung, allen voran Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel, als Zeugen vernommen werden.

Zu den Vorwürfen zum Thema Buwog-Privatisierung gesellt sich in dem Anklage-Entwurf ein weiterer Punkt: Die Einmietung der Finanz in den Linzer Terminal Tower. In beiden Fällen sollen Schmiergelder geflossen sein. Es geht um die Tatbestände Untreue und Geschenkannahme. Insgesamt dürften gut ein Dutzend Verdächtige betroffen sein. Darunter die (Ex-)Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger, der Immobilienmakler Ernst Plech oder etwa der Ex-General der Raiffeisen-Landesbank Oberösterreich Ludwig Scharinger. Alle Verdächtigen weisen die Vorwürfe zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Noch ist fraglich, ob die WKStA ihre Linie durchbringt. Seit etwa einem Jahr ist Sand im Getriebe. Meischbergers Ex-Anwalt Gerald Toifl – auch er ist in einem Randbereich Beschuldigter – will mehr Zeit haben, um Unterlagen sichten zu können, die beschlagnahmt wurden, aber zum Teil unter das Anwaltsgeheimnis fallen und daher von der Justiz nicht verwertet werden dürfen. Solange an dieser Front gekämpft wird, liegt die Causa Buwog/Terminal Tower auf Eis.

„Restriktive Beweisaufnahme“

Warum sollen nun Schüssel, Ex-Vizekanzlerin Susanne Riess, Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach, Ex-Infrastrukturministerin Monika Forstinger, Ex-Nationalratspräsident Andreas Khol und andere als Zeugen befragt werden? Dazu muss man ein bisschen ausholen. Grasser macht der WKStA in einem 27 Seiten starken, der „Presse“ vorliegenden Beweisantrag schwere Vorwürfe. Die WKStA habe die von ihm angeregten Beweisaufnahmen bisher „in äußerst restriktiver Weise abgelehnt“. Hingegen würde die WKStA bei ebenfalls ihn betreffenden Ermittlungen, etwa in Sachen Postprivatisierung oder in der Causa Novomatic zu Erkundungszwecken Dutzend Zeugen befragen. Grasser in dem Papier: „Man könnte auch sagen, dass die WKStA keinen noch so großen Aufwand scheut, wenn sie sich auch nur irgendein, die Verdachtsmomente bekräftigendes Ergebnis der Beweisaufnahme (vage) erhofft, während mir als Beschuldigtem eine Mitwirkung am Ermittlungsverfahren weitestgehend verunmöglicht wird.“ Daher wolle er mit dem Antrag auf Zeugeneinvernahme von Schüssel und Co. die Anklage zu einer „gesetzmäßigen Vorgehensweise“ bringen.

Inhaltlich geht es in dem Antrag um einen „Tatplan“, der schon Anfang 2000, bei Grassers Eintritt in die Bundesregierung geschmiedet worden sein soll. Demnach hätte ein Zirkel von Personen aus der FPÖ bzw. FPÖ-nahe Leute von den im Regierungsprogramm vorgesehenen Privatisierungen profitieren wollen. Genau das soll Hochegger einem Ex-Kabinettschef des Verkehrsministeriums erzählt haben. Sagt eben dieser Kabinettschef. Die WKStA glaubt ihm. Hochegger bestreitet dies.

Grasser weist derlei zurück und fragt (rhetorisch), warum Hochegger so etwas ausgerechnet einem roten Kabinettschef anvertraut haben solle. Vor allem aber – und daher nun die beantragten Ex-Politiker: Irgendjemand aus seinerzeitigen Regierungskreisen hätte doch irgendetwas von so einem „Tatplan“ mitbekommen müssen.

Bleibt abzuwarten, wie die WKStA auf den Antrag reagiert. Freilich ist es unwahrscheinlich, dass sich bald frühere Mitglieder der schwarz-blauen Bundesregierung als Zeugen die Klinke in die Hand geben. Es könnte aber gut sein, dass zumindest einzelne der nun von Grasser aufgelisteten Personen vorgeladen werden.

Die Causa „Brehmstraße“

Indessen liegt ein weiterer Anklage-Entwurf vor. Darin geht es um die von Korruptionsvorwürfen begleitete Übersiedlung von Wiener Zollämtern in ein Porr-Gebäude in der Brehmstraße (11. Bezirk). Ermittler vermuten, dass eine Provision, die Meischberger erhielt, zum Teil auf einem Grasser-Konto gelandet sein könnte. „Unsinn“, sagt Grasser-Anwalt Manfred Ainedter. Und: Er rechne nicht damit, dass Grasser in dieser Causa zu den Mitangeklagten zählt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2015)

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