FPÖ: Haider übertroffen – Häupl aber (wieder) nicht

Strache nach der Stimmabgabe am Sonntag
Strache nach der Stimmabgabe am SonntagAPA/GEORG HOCHMUTH
  • Drucken

Zum dritten Mal versuchte Heinz-Christian Strache, Michael Häupl vom Bürgermeistersessel zu verdrängen. Geschafft hat er es erneut nicht. Aber die Freiheitlichen freuten sich über das beste Wien-Ergebnis ihrer Geschichte.

Wien. Hätte es im Rathaus keine TV-Diskussion mit den Spitzenkandidaten gegeben, Heinz-Christian Strache wäre womöglich gar nicht aus seinem Büro gekommen: Allein mit seinen Beratern sah er sich die ersten Prognosen am Nachmittag an. Allein mit seinen Vertrauten beobachtete er auch, wie der Abstand zwischen seiner Partei, der FPÖ, und seinem größten Gegner, der SPÖ, mit jeder Hochrechnung immer und immer größer wurde.

Es ist daher nicht überliefert, wie sehr sich Strache über das Ergebnis geärgert hat. Es dürfte ihn aber wirklich getroffen haben: Denn das angebliche Duell zwischen Strache und Bürgermeister Michael Häupl fand nicht statt. Schon wieder nicht. Die Freiheitlichen überschritten zwar die 30-Prozent-Marke um gut zwei Prozentpunkte, gleichzeitig verlor aber die SPÖ weniger Stimmen als angenommen.

„Ergebnis nicht schlechtreden“

Vor den Kameras ließ sich Strache seinen Unmut aber nicht anmerken: Er sei alles andere als enttäuscht. Schließlich habe seine Partei das Wahlziel, also 30-Prozent-plus, erreicht. Die FPÖ habe außerdem die Sperrminorität im Landtag (ab 34 von 100 Mandaten) erlangt. „Ich lasse mir das Ergebnis nicht kleinreden“, sagte er. Und: Es sei immerhin das historisch beste Ergebnis der Freiheitlichen in Wien.

Tatsächlich: Den bisherigen Rekord in der Hauptstadt hielt sein Vorgänger Jörg Haider, der 1996 immerhin 27,09 Prozent erreichte. Ein Erfolg ist dem Parteichef also sicher: Wenn auch Strache am gestrigen Abend auch nicht Häupl geschlagen hat – Haider hat er übertrumpft.

„Wir sind das Volk!“

Vielleicht war der Schock über das Ergebnis am Sonntag auch so groß, weil es einen Moment tatsächlich so ausgesehen hatte, als gebe es ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Die ersten Umfragen um 17 Uhr zeigten nur einen hauchdünnen Abstand zwischen SPÖ und FPÖ. Die Funktionäre im Wiener Rathausklub jubelten. Nach und nach zeichnete sich dann aber das Endergebnis ab – und es wurde ruhiger in den Büroräumen. Kurzen Trubel gab es nur, als Ursula Stenzel auftauchte: Die parteiunabhängige Kandidatin und langjährige Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt wollte von Enttäuschung ebenfalls nichts wissen und sprach von einem „ausgezeichneten Erfolg“.

Als Strache sich nicht und nicht blicken lassen wollten, verabschiedeten sich die Parteimitglieder ins FPÖ-Zelt vor dem Rathaus. Dort gab es zwar auch keinen Parteichef, aber es lief „Griechischer Wein“. Und es floss Villacher Bier. Um 21 Uhr tauchte dann immerhin Strache-Vize Johann Gudenus auf: „Seit heute ist unsere Familie ein Stück größer geworden“, rief er dem Publikum von der Bühne aus zu. „Wir sind das Volk!“, entgegnete ihm ein Sprechchor.

Gudenus hatte nicht nur eine Brandrede für die Gäste parat, sondern auch zwei gute Nachrichten für sie: In Floridsdorf und Simmering habe man Platz eins erreicht. Das verbesserte die Stimmung eindeutig. Dass Stenzel im ersten Bezirk ihr Ziel verfehlte, verschwieg Gudenus hingegen. Allerdings: Im FPÖ-Zelt hätte dies die meisten Sympathisanten nicht allzu sehr berührt.

Kurzes Intermezzo in Wien

Man wollte das Ergebnis feiern, ein bitterer Beigeschmack blieb aber trotzdem. Schließlich waren die Rahmenbedingungen für Strache noch nie so gut wie jetzt: Die Zaghaftigkeit der Regierung beim Thema Flüchtlinge, gepaart mit den Ängsten der Bevölkerung, trieb viele Wähler zu den Freiheitlichen. Das Ergebnis sah man bereits bei den Wahlen in anderen Bundesländern: Strache konnte im Burgenland, in der Steiermark und in Oberösterreich mit den Länderchefs feiern. Nur beim Chef in Wien selbst reichte es nicht ganz.

Strache hat es bereits angekündigt: Das Wahlkampf-Intermezzo in der Kommunalpolitik ist für ihn damit beendet. Bürgermeister wird er nicht, er konzentriert sich ab nun wieder auf seine Funktion als Bundesparteichef und Klubobmann. Spätestens 2018 bei der Nationalratswahl wird er das nächste Match – dieses Mal zwischen der FPÖ und den Regierungsparteien – ankündigen. Das Bürgermeisteramt in Wien wäre für ihn ohnehin nur eine Zwischenstation bzw. ein Vehikel gewesen, denn die Bühne des Wiener Bürgermeisters ist größer als die des Oppositionsführers im Parlament.

Es wäre das vierte Mal, dass er in eine Nationalratswahl zieht. In Wien hat er es nun drei Mal als Spitzenkandidat versucht. Seine Rolle versucht er bis dahin zu perfektionieren: Bei TV-Auftritten ruhig, besonnen. Bei Wahlkampfterminen aufgeregt, volksnah.

Gegen 22 Uhr wurde Strache dann doch im Zelt angekündigt. Im Voraus wurde seine Begrüßung schon inklusive „HC“-Rufe geübt, „denn ihm haben wir dieses Ergebnis zu verdanken“, hieß es von der Bühne. Die FPÖ konnte dann doch noch feiern. Und zumindest der heutige Tag wurde zum „blauen Montag“ ausgesprochen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12. Oktober 2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wien-Wahl

Die FPÖ in den Ländern: Hohe Siege, aber mehr Niederlagen

Straches Bilanz. Bis auf Salzburg haben die Freiheitlichen in allen Ländern mehr oder weniger Stimmen verloren. Dann kam das Jahr 2015.
Kommentare

Die FPÖ im Höhenflug – und die Luft wird dünner

Heinz-Christian Strache gelang, was nicht einmal dessen früheres Vorbild Jörg Haider schaffte.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.