„Frühjahrsparade“: Beschwingter Robert Stolz in Blindenmarkt

   Simona Eisinger (Hansi), Laszló Maleczky (Gustl), Matthias Helm (Willi)
Simona Eisinger (Hansi), Laszló Maleczky (Gustl), Matthias Helm (Willi)(c) Lukas Beck/Herbsttage Blindenmarkt 2015/Frühjahrsparade
  • Drucken

Regisseur Gernot Kranner hat die „Frühjahrsparade“ teils zu forsch modernisiert.

Salzstangerln? Die dürfen heuer in Blindenmarkt nirgends fehlen: Weder auf der Bühne noch am Buffet, das die Gäste im Rohbau der entstehenden neuen Festhalle versorgt. Ja, bei der Zugabe, der x-ten Reprise des „Frühjahrsparade“-Marschlieds, greift sogar Kapellmeister Kurt Dlouhy zum Gebäck statt zum Taktstock – und das Publikum klatscht oder singt begeistert mit. Geografisch auf halbem Weg zwischen der Sommerarena Baden und dem Lehár-Festival Bad Ischl angesiedelt, konnten sich die Herbsttage Blindenmarkt mit einer jährlichen Produktion in der österreichischen Operettenlandschaft etablieren: Mit viel Enthusiasmus arbeiten hier Laien mit Profis zusammen und erbringen eine homogene Gesamtleistung – hinter und auf der Bühne.

Operettennachwuchs ersten Ranges

Marcel Prawy hat Robert Stolz einst als „Drei-Minuten-Genie“ bezeichnet – der Ruhm dieses sich immer wieder neu erfindenden Melodikers hat ja eher über Einzelnummern als durch ganze Bühnenwerke überdauert. Mit etlichen Einlagen („A klane Drahrerei“, „Salome“) trägt man dem in Blindenmarkt Rechnung. Interessant, dass sich in Stolz' „Frühjahrsparade“ die alte Rangordnung zwischen dem seriösen und dem Buffopaar „modern“ umkehrt: Man nimmt mehr Anteil an der Liebes- und Erfolgsstory des komponierenden Militärmusiktrommlers Willi, den Matthias Helm mit kabarettistischer Lässigkeit darstellt, als an der „nicht standesgemäßen“ Beziehung zwischen Gustl von Laudegg (Laszlo Maleczky) und einer populären Sängerin, der Simona Eisinger vokalen Glanz verleiht. Freilich muss dazu Willis Herzdame (Elisabeth Prascher) die Noten seines Marsches erst in ein Salzstangerl einbacken, das ihre Bäckermeisterstante (resch und charmant zugleich: Gabriele Schuchter) dem Kaiser liefert.

Regisseur Gernot Kranner schießt in seiner Bearbeitung oft übers Ziel hinaus – etwa mit Dialogen, in denen unnötige Derbheiten um billige Lacher buhlen. Doch das Kammerorchester der Linzer Bruckneruni kann es schneidig klingen lassen, die Ausstattung ist stimmungsvoll, die Choreografien haben Schwung. Herausragend Max Buchleitner als Fritz und Josef Ertl als Sepperl: Operettennachwuchs ersten Ranges (bis 26. 10.).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.