Analyse. Der erste Voranschlag des Finanzministers für 2016 birgt eine Reihe von Unsicherheitsfaktoren. Einsparungen hängen in der Luft, die Kosten für Flüchtlinge und Arbeitslose könnten noch höher ausfallen.
Wien. Wenn Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) heute, Mittwoch, ab zehn Uhr in seiner ersten Budgetrede dem Nationalrat den Haushaltsvoranschlag 2016 präsentiert, ist es zugleich die erste Initiative der Bundesregierung, um die von FPÖ-Erfolgen geprägte Wahlphase hinter sich zu lassen. In nackten Zahlen wird die Premiere mit Ausgaben von 76,5 Milliarden Euro und Einnahmen von 71,7 Milliarden Euro kaum Überraschendes liefern. Schließlich bildet der schon heuer im Frühjahr bis 2019 verlängerte Finanzrahmen die Leitplanken für den Budgetkurs.
Auf dem Papier hält er mit einem strukturellen Defizit – ohne Sonder- und Einmaleffekte – von 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung die vorgegebene Sparroute ein. Die Umsetzung wird aber höchst ungewiss, weil etliche Koordinaten auf dem Budgetkurs des Finanzministers keineswegs fix sind.

► Paktierte offene Einsparungen. Der größte Unsicherheitsfaktor ist mit der Steuerreform verbunden, die 2016 eine Entlastung von 5,2 Milliarden Euro bringt. Seit Frühsommer ist keineswegs klarer, woher die Milliarden zur Gegenfinanzierung kommen. Wien- und Oberösterreich-wahlkampfbedingt wurden keine Pläne mit den Ländern zur Umsetzung fixiert. Auf Bundesebene ist offen, wie die Kürzungen von Förderungen erfolgen.
► Doppelte Unsicherheit um Registrierkassen. 900 Millionen Euro soll die verpflichtende Einführung elektronischer Registrierkassen ab 2016 pro Jahr an Steuereinnahmen bringen. Diese Summe ist schon für die Startphase bisher von Experten bezweifelt worden. Nun kommt dazu, dass etliche Details ohne Verordnung zweieinhalb Monate vor der Umstellung ungeklärt sind – und der Unmut in Wirtschaftskreisen wieder anschwillt.
► Höhere Asylkosten. Fix vorgesehen sind 2016 höhere Ausgaben für Flüchtlinge – bis zu insgesamt fast einer Milliarde Euro. Aber zu den Kosten, etwa für den Arbeitsmarkt in Höhe von 75 Millionen Euro, gibt es widersprüchliche Aussagen von Schelling und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), ob es zusätzliches oder umgeschichtetes Geld ist.
► Belastung durch hohe Arbeitslosigkeit. Die Ausgaben werden wegen der Arbeitslosenzahl von fast einer halben Million Menschen steigen. Dieser Zuwachs könnte aber wegen der Konjunkturflaute stärker ausfallen und länger dauern. Schellings Glück: Trotz schwacher Wirtschaftsentwicklung stiegen speziell die Lohnsteuereinnahmen.
► Dauerlücke im Schulbudget. Das Unterrichtsbudget steigt in absoluten Zahlen. Ein mitgeschlepptes 340-Millionen-Euro-Loch muss von Ressortchefin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) freilich erst gefüllt werden.
► Mehr Personal. Der Flüchtlingszustrom führt zu höheren Personalkosten (darunter Fremdenrechtsbehörden, Exekutive, Lehrer). Dies, obwohl geplant ist, etwa Pädagogen nur befristet einzustellen und Beamte vermehrt z. B. aus der Post einzusetzen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2015)