Oberösterreich: Ein Land wird nun Schwarz-Blau

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Die Weichen für eine Koalition von ÖVP und FPÖ sind gestellt. Der Sanktus erfolgt spätestens am Donnerstag. Es gibt allerdings Protest, weil eine Landesregierung ohne eine einzige Frau droht.

Linz. Nach zwölf Jahren mit einer schwarz-grünen Koalition in Oberösterreich ist jetzt ein schwarz-blauer Pakt praktisch fix. Im Burgenland wurde Rot-Blau heuer im Juni zur SPÖ-internen Zerreißprobe. Die bevorstehende Zusammenarbeit von ÖVP und FPÖ in Linz kommt bis auf letzte Querschüsse der Sozialdemokraten ohne lauten Protest zustande. Der Weg wird frei, weil eine Kernforderung der ÖVP, der Erhalt von vier der neun Sitze in der Landesregierung, erfüllt wird. Umgekehrt werden die drei FPÖ-Ressorts in der Regierung mit zusätzlichen Kompetenzen aufgewertet.

Für Mittwochabend wurde der FPÖ-Landesparteivorstand einberufen, um zum Abschluss eines schwarz-blauen Arbeitsübereinkommens zu kommen. Der ÖVP-Landesparteivorstand ist vorerst für Donnerstag angesetzt, einen Tag vor der Konstituierung des neuen Landtags, in dem ÖVP (21) und FPÖ (18) eine satte Mehrheit bei insgesamt 56 Abgeordneten haben.

Zwar galt eine schwarz-blaue Koalition seit dem Wahltag am 27. September als logische Variante, nachdem die ÖVP massiv verloren und die FPÖ die SPÖ klar von Platz zwei verdrängt hat. Allerdings stand Pühringer der FPÖ stets skeptisch gegenüber. Bei der Neuauflage der schwarz-blauen Bundesregierung unter Kanzler Wolfgang Schüssel im Februar 2003 hat Pühringer im ÖVP-Bundesparteivorstand dagegen gestimmt. Im Landtagswahlkampf attackierte Pühringer die FPÖ mit Landeschef Manfred Haimbuchner noch scharf wegen rechtsextremer Umtriebe im Dunstkreis der Freiheitlichen.

ÖVP-Landeschef Pühringer unter Druck

Aufgrund der ÖVP-Schwächung bei der Landtagswahl und des eindeutigen Liebäugelns schwarzer Wirtschaftskreise mit der FPÖ stand Pühringer bei den Verhandlungen gehörig unter Druck. Nach einem Treffen am Montagvormittag zwischen Partei- und Klubchefs waren die Würfel zugunsten von Schwarz-Blau gefallen. Neben dem vierten Regierungssitz bleiben die Kompetenzen für Finanzen, Personal und Gesundheit bei der ÖVP, ebenso Wirtschaft und Bildung. Bei der FPÖ wird Haimbuchners bisheriges Wohnbauressort mit Hochbau/Baurecht ausgeweitet. Das machtbewusste Auftreten der FPÖ bei den Verhandlungen spiegelt sich auch in dem – um den Straßenbau – aufgefetteten Infrastrukturressort für den neuen Landesrat und bisherigen FPÖ-Klubchef Günther Steinkellner sowie einem Sicherheitsressort für den bisherigen Parlamentsabgeordneten Elmar Podgorschek wider.

Verschärfung bei Integration

Als abgemacht gelten verschärfte Regelungen bei der Integration. Sicherheits- und fremdenrechtliche Agenden dürften in dieses blaue Sicherheitsressort wandern. Oberösterreich schlägt damit einen ähnlichen Weg wie Rot-Blau im Burgenland ein. Um die Zuständigkeiten für Gemeinden und Familien fand bis zuletzt eine Kraftprobe statt.

Ein Kräftemessen mit den Bünden steht Pühringer vor den Personalentscheidungen ÖVP-intern noch bevor. Denn ein bisheriger ÖVP-Landesrat muss seinen Sitz räumen, weil der Wechsel des wahrscheinlichen Pühringer-Nachfolgers, des ÖVP-Klubchefs Thomas Stelzer, in die Regierung als fix gilt. Bauern, Wirtschaft und Frauen wehren sich jedoch, dass dies ihre(n) Vertreter trifft. Wegen des möglichen Abgangs von Bildungslandesrätin Doris Hummer droht sogar ein Frauenaufstand. Denn dann würde keine einzige Frau mehr der Landesregierung angehören.

SPÖ (Soziales) und Grüne (Umwelt) müssen sich künftig mit abgespeckten Regierungsämtern bescheiden. Sie stellen aber dank des Proporzsystems je einen Landesrat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2015)

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