Sozialversicherung: Kuraufenthalt hängt vom Wohnort ab

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Oberösterreicher und Eisenbahner dürfen am häufigsten auf Kur gehen. Niederösterreicher, Steirer und Vorarlberger bekommen auch Auslandsaufenthalt bezahlt.

Wien. Peter McDonald, jetzt ÖVP-Generalsekretär, wollte in seiner früheren Funktion als Chef des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger kräftige Einschnitte bei Kuraufenthalten. Diese sollten nicht mehr als zusätzlicher Urlaub genutzt werden, sondern dauerhaften Effekt für die Gesundheit haben.

Jetzt liegen Zahlen zum Thema Kur vor, die eines nahelegen: Auch aufseiten der Sozialversicherungen herrscht Reformbedarf. Ob jemand auf Kur fahren darf, hängt nämlich nicht nur vom Bedarf ab, sondern auch von anderen Faktoren: In welchem Bundesland man wohnt und bei welcher Kasse man versichert ist.

Im Schnitt der letzten zehn Jahre sind jährlich 146.818 Kuraufenthalte bewilligt worden (siehe Grafik). Das geht aus der Antwort des Gesundheitsministeriums auf die parlamentarische Anfrage von Neos-Abgeordnetem Gerald Loacker hervor. Dazu kommen ungefähr noch einmal so viele Aufenthalte in Rehabilitationseinrichtungen, die nach Unfällen oder akuten medizinischen Beschwerden, etwa Herzinfarkten, verordnet werden.

Wiener Kasse: Keine Kur

Auffällig bei den Kuren ist die unterschiedliche Bewilligungspraxis der Gebietskrankenkassen. Während Wien und Tirol überhaupt keine Kuraufenthalte bewilligten, sind es in Oberösterreich immerhin 4903 im Jahresschnitt. Das heißt aber nicht, dass Wiener und Tiroler nicht auf Kur fahren dürfen: Sie können einen Antrag bei der Pensionsversicherungsanstalt stellen. Die zahlt Kuren nicht nur für Pensionisten, sondern auch für aktive Arbeitnehmer, mit der Begründung, dass sie diesen damit längere Gesundheit und einen späteren Pensionsantritt ermöglicht.

Der allergrößte Teil, nämlich mehr als 96.000 Kuren, wird von der PVA bezahlt. Ebenfalls viele Bewilligungen gibt es von den Sozialversicherungsanstalten der Eisenbahner, der Öffentlich Bediensteten, der Gewerblichen Wirtschaft und der Bauern. Dass sie ihre Versicherten häufiger auf Kur schicken als die Gebietskrankenkassen, liegt aber auch an ihrer Doppelrolle: Sie sind nicht nur Krankenkassen, sondern auch Pensionsversicherungsanstalten. Ein Vergleich ist damit nur untereinander möglich und ergibt: Die Eisenbahner gehen viel häufiger auf Kur als Beamte und Mitglieder der Wirtschaftskammer.

Oberösterreicher zahlen

Aber auch innerhalb der PVA gibt es regionale Unterschiede: Während in Kärnten einer von 26 Versicherten auf Kur geschickt wird, ist es in Salzburg nur einer von 45. Neos-Mandatar Loacker vermutet eine Querfinanzierung: „In den Ländern mit finanzstarker Krankenkasse übernimmt die PVA wenig Kurleistungen, in denen mit finanzschwacher Krankenkasse viele oder sogar alle. Beitragszahler aus „starken“ Ländern betreiben damit Querfinanzierung der „schwachen“ Länder.

Anders gesagt: Die Beitragszahler in Oberösterreich würden mit ihrem Krankenkassenbeitrag die eigene Kur und mit ihrem Pensionsversicherungsbeitrag auch die Kur der Wiener finanzieren.

Ein „Zuckerl“ gibt es in manchen Bundesländern, die sogar Kuraufenthalte im Ausland anbieten. Die gibt es vor allem in Niederösterreich, der Steiermark und Vorarlberg. In Niederösterreich wirbt die Gebietskrankenkasse sogar aktiv auf ihrer Homepage für Kuren im Ausland. Angeboten werden ein Kuraufenthalt gegen Schuppenflechte am Toten Meer sowie ein „heilklimatischer Erholungsaufenthalt“ für acht- bis zwölfjährige Kinder an der Adria in Rimini. Die Angebote werden offensichtlich gern angenommen: 14,6 Prozent der von der niederösterreichischen Kasse bewilligten Kuren finden im Ausland statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2015)

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