2016 könnte ein gutes Börsenjahr werden. Das Geld dafür stellen die Notenbanken jedenfalls ausreichend bereit.
Die vergangene Woche ist an den Börsen ja nicht so besonders gelaufen (siehe oben stehende Geschichte). Aber wie sind die weiteren Aussichten? Nicht so schlecht, wie immer mehr Experten meinen. Die etwas paradoxe Begründung: Der Weltwirtschaft scheint es deutlich schlechter zu gehen, als die offiziellen Prognosen sagen. Das wiederum bringt viele Notenbanken dazu, ihre Quantitative-Easing-Programme auszuweiten. Und das schafft wiederum die Liquidität, die uns zumindest in der ersten Hälfte 2016 noch gute Börsenstimmung bescheren könnte.
Es gibt jedenfalls eine Reihe von Hinweisen, dass es konjunkturell wesentlich schlechter läuft, als man uns offiziell weismacht. Die US-Notenbank Fed beispielsweise hat ihre Zinswende vorerst von September auf Dezember vertagt. Und auch da ist noch nicht sicher, ob der de facto bei null liegende Leitzinssatz ein wenig angehoben wird. Die jüngsten Signale aus der Fed sprechen eher dagegen.
Wenn man wissen will, wie es tatsächlich steht, darf man aber nicht auf Einzelmaßnahmen schauen, sondern muss sich einen Gesamtüberblick verschaffen. Der deutsche Ökonom Martin Hüfner hat das in der Vorwoche in einem Expertenkommentar für eine Trader-Website (godmode-trader.de) getan – und dabei den „Super-Oktober der Zentralbanken“ entdeckt: Nicht weniger als sieben Zentralbanken auf drei Kontinenten haben demnach binnen zweier Wochen (also praktisch gleichzeitig) Geldlockerungsprogramme entweder angekündigt oder bekräftigt. In dieser Dichte hat es das bisher noch nicht gegeben.
Der Ablauf: Am 22. Oktober deutete die EZB eine Ausweitung ihres Anleiheankaufprogramms an, einen Tag später gab die chinesische Zentralbank eine Zinssenkung bekannt, zwei Tage danach verkündete die schwedische Notenbank eine Ausweitung ihres Quantitative-Easing-Programms. Danach kamen Australien und Neuseeland mit der Andeutung von Lockerungsschritten (die allerdings nicht unmittelbar realisiert wurden). Schließlich bestätigte die Bank of Japan ihre lockere Geldpolitik, und die Fed sendete Signale aus, dass ihre seit Langem angekündigte Zinserhöhung im Dezember doch noch nicht fixiert sei.
Mit anderen Worten: In den wichtigsten Wirtschaftsregionen rund um den Globus bleiben die Geldhähne weiterhin weit geöffnet. Kein gutes Zeichen für die Konjunktur, aber viel „Spielgeld“, das die Finanzmärkte befeuern wird.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2015)