Burschenschafter-Kommers legt Innsbruck lahm

Burschenschafter
Burschenschafter(c) APA (Robert Parigger)
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Am Bergisel spielte sich ein Kostümspektakel ab. Mehr als 1500 Burschenschafter, ebenso viele Gegendemonstranten und hunderte Polizisten bevölkerten am Samstag die Stadt. Martin Graf sprach am Abend in der Messehalle.

Zu Füßen des ehernen Andreas Hofer, am geschichtsträchtigen Bergisel über Innsbruck, spielte sich Samstagnachmittag ein Kostümspektakel ab. Hunderte deutschnationale Burschenschafter mitsamt ihren Altherren ehrten im Zuge ihres Kommerses den Tiroler Volkshelden mit einer Kranzniederlegung .

Junge und alte Männer mit bunten Mützen und tiefen Narben an den Wangen bevölkerten den Platz. Dazwischen vereinzelt Frauen im Dirndl. Die folkloristische Veranstaltung legte halb Innsbruck lahm. Neben den gut 1500 schlagenden Burschenschaftern, die anlässlich des Tiroler Gedenkjahres zum Kommers geladen hatten, fanden sich auch rund 2000 Gegendemonstranten ein, die das Treiben als rechtsextreme Umtriebe verurteilten.


Hauptredner Martin Graf. Um ein Aufeinandertreffen der beiden Seiten zu verhindern, riegelte ein Großaufgebot von rund 1000 Polizisten die halbe Stadt ab. Zwei Gruppierungen, das „Bündnis gegen Rechtsextremismus“ und die „Autonome Antifa“, hatten zu Gegenveranstaltungen aufgerufen. Auch am Bergisel war kein Durchkommen, die Polizei schirmte den Ort hermetisch ab. Denn direkt unterhalb, in der Klostergasse, hat die „Autonome Antifa“ zum Straßenfest geladen. Knapp 300 Aktivisten versuchten, die Kranzniederlegung mittels Lärm in Form von brachialer Musik zu stören. Die Burschenschafter selbst ließen sich nichts anmerken, obwohl ihre feierliche Szenerie permanent vom dumpfen Grollen der Bässe, die am Fuße des Berges dröhnten, unterlegt wurde. Ab 17 Uhr begaben sich die Autonomen in Richtung Messehalle, wo am Abend der große Festkommers mit gut 1500 Teilnehmern stattfand. Als Hauptredner des Abends trat der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) auf, der zugleich den Ehrenschutz für die umstrittene Veranstaltung übernommen hatte.

Am späten Nachmittag traf sich das „Bündnis gegen Rechtsextremismus“, unterstützt von der SPÖ und den Grünen, vor dem Tiroler Landhaus, von wo aus die Demonstration starten sollte. Knapp 1300 Demonstranten versammelten sich, um ihrem Unmut über den mittlerweile (nach 1984, 1994 und 2000) vierten Festkommers schlagender Burschenschafter in Innsbruck mit Transparenten wie „Sind wir zu bunt, seid ihr zu braun“ Luft zu machen. Mit dabei Zeitzeugen der NS-Herrschaft, die in mahnenden Reden zum Widerstand gegen Deutschtümelei und nationalsozialistisches Gedankengut aufriefen. Auch Vertreter der israelitischen Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg nahmen an der Demonstration teil.

Der Veranstalter des Festkommerses, Christoph Mösenbacher, zeigte sich im Gespräch mit der „Presse“ angesichts des massiven Polizeiaufgebotes und der Gegendemonstranten überrascht: „Ich verstehe die Aufregung nicht ganz, immerhin handelt es sich doch nur um eine traditionelle studentische Veranstaltung. Aber ich will natürlich niemandem sein Recht auf freie Meinungsäußerung nehmen.“ Mösenbacher, selbst Mitglied der Innsbrucker Burschenschaft Brixia, sprach trotz der Gegendemonstrationen und des Polizeiaufgebotes von einer „erfolgreichen Veranstaltung“.

Auch die Veranstalter der Gegendemos sprachen von einem Erfolg. „Wir haben die Veranstaltung für 700 bis 1000 Teilnehmer angemeldet. Gekommen sind fast 1500“, sagte etwa Gerhard Hetfleisch, Mitorganisator der großen Kundgebung vor dem Landhaus.

Auf Vertreter der Tiroler Landespolitik mussten die Burschenschafter diesmal verzichten. Hatte beim Kommers im Jahr 2000 noch der damalige Innsbrucker Bürgermeister Herwig van Staa eine Festrede gehalten, distanzierte sich die gesamte Tiroler Politik – mit Ausnahme der FPÖ – diesmal schon im Vorfeld von der Veranstaltung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2009)

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