SPÖ und ÖVP denken über Ressorttausch nach

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SONDERSITZUNG DES NATIONALRATS: STRACHE/FAYMANN/OSTERMAYER(c) APA/ROBERT JAEGER
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Die Bundespräsidentenwahl kommt für eine Regierungsumbildung gerade recht. Die SPÖ will es aber nicht bei personellen Änderungen belassen und bietet das Infrastrukturministerium im Tausch gegen das Innenministerium an.

Wien. Die Idee ist relativ neu und soll aus dem Innersten des Kanzleramtes kommen, von Werner Faymann und Josef Ostermayer: Wenn es in den ersten Monaten des nächsten Jahres zu einer Regierungsumbildung kommt, was aufgrund der Bundespräsidentenwahl notwendig sein wird, sollen zwischen den Regierungsparteien auch Ressorts getauscht werden. Die SPÖ würde demnach das Innenministerium übernehmen und das Infrastrukturministerium an die ÖVP abgeben.

Inspiriert wurden Kanzler und Kanzleramtsminister von den Wiener Sozialdemokraten, die spätestens seit der – ihrer Ansicht nach erfolgreichen – Gemeinderatswahl der Meinung sind, dass sich die SPÖ mit einer „Flüchtlinge willkommen“-Haltung Merkel'scher Prägung profilieren sollte. Symbolisch dafür könnte das Innenressort mit einer Person besetzt werden, die – anstelle der strengen Johanna Mikl-Leitner – für eine „humane Flüchtlingspolitik“ steht. Faymann und Ostermayer denken an den burgenländischen Polizeidirektor, Hans Peter Doskozil, der sich als Krisenmanager nach der Flüchtlingstragödie auf der A4 und am Grenzübergang Nickelsdorf für die Politik empfohlen hat. Der 45-jährige Jurist hätte weitere Vorzüge: Er kennt das Innenministerium, weil er unter Ernst Strasser dort beschäftigt war. Und er könnte eine Brücke zum rechten SPÖ-Flügel schlagen, also ins Burgenland. Denn Doskozil war zwischen 2010 und 2012 Büroleiter von Landeshauptmann Hans Niessl.

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner soll diesem Tauschhandel einiges abgewinnen können. Im Infrastrukturbereich gibt es viel Geld zu verteilen. Und auch die ÖVP könnte dann, als Chefin wichtiger Staatsbetriebe wie der ÖBB und der Asfinag, ihr Profil als Wirtschaftspartei schärfen. Mit dem Innenministerium war ohnehin nicht viel zu gewinnen, weder für Mitterlehner noch für Mikl-Leitner. Die Tage von Infrastrukturminister Alois Stöger in der Regierung wären damit gezählt. Vielleicht schickt ihn Faymann nach Oberösterreich, um beim Wiederaufbau der Landespartei zu helfen. Vielleicht auch nicht.

Angestoßen würde die Regierungsumbildung von Mikl-Leitner bzw. vom niederösterreichischen Landeshauptmann, Erwin Pröll, falls dieser sich entschließt, für das Bundespräsidentenamt zu kandidieren. Mikl-Leitner ist die logische Nachfolgerin, obwohl sie in den Landesräten Stephan Pernkopf und Wolfgang Sobotka starke Konkurrenten hat. Im Zweifelsfall wiegt Prölls Wort aber schwerer als bündische Interessen. Und der Landeshauptmann soll Mikl-Leitner favorisieren.

Für Klug und Karmasin wird es eng

Darüber hinaus könnte es zu weiteren Veränderungen in der Regierung kommen. Faymann und Mitterlehner wollen die Bundespräsidentenwahl für einen Neustart nützen, der durch neue Gesichter signalisiert werden soll. Für Verteidigungsminister Gerald Klug und Familienministerin Sophie Karmasin könnten das schlechte Nachrichten sein. Beide sind angezählt. Um Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter ist es zuletzt ruhiger geworden, aber das muss nichts heißen.

Es stellt sich auch die Frage, ob Sozialminister Rudolf Hundstorfer die Regierung verlässt, um Präsidentschaftskandidat der SPÖ zu werden. Falls ja, wird sein Ressort mit einem Gewerkschafter nachbesetzt, mit ÖGB-Präsident Erich Foglar oder mit Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser, die vor ihrem Regierungseintritt Sozialsprecherin der SPÖ war. Große Stücke halten Faymann und Ostermayer auf ihre Staatssekretärin im Kanzleramt, Sonja Steßl. Ein Aufstieg scheint möglich, wenn auch nicht ins Sozialministerium.

Wobei noch offen ist, ob Pröll Niederösterreich wirklich verlassen will. Eine Aussage des Landeshauptmanns im „Kurier“ vergangenes Wochenende – „Dieser Wahlkampf wäre zu gewinnen“ – wurde als erstes Zeichen gedeutet. Es gibt nicht wenige Politikerkollegen, die behaupten, dass Prölls Kampagne längst fertig sei, er müsse nur noch auf den Startknopf drücken. Allerdings wolle er sich bitten lassen. Es würde also nicht überraschen, wenn nach dem Tiroler Landeshauptmann, Günther Platter, demnächst auch andere ÖVP-Politiker ausrückten, um Pröll für die Hofburg zu empfehlen. Konkreteres wird man vielleicht um Weihnachten erfahren – der Termin würde sich geradezu anbieten: Am 24. Dezember wird Pröll 69 Jahre alt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2015)

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