Steuerentlastung mit Wermutstropfen

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Der größte Teil der Österreicher profitiert von der Senkung der Lohn- und Einkommensteuer. Für Spitzenverdiener wird der Tarif auf 55 Prozent angehoben, Konsumenten spüren höhere begünstigte Mehrwertsteuer.

Für die SPÖ-ÖVP-Regierung war es das wichtigste Vorhaben im eben zu Ende gegangenen Jahr. Seit dem Jahreswechsel 2016 profitiert das Gros der Österreicher nun tatsächlich von einer Entlastung durch die Steuerreform. Deren Gesamtvolumen beträgt insgesamt gut fünf Milliarden Euro, der Großteil des Geldes geht durch eine Senkung der Tarife an die Lohnsteuerzahler, die Arbeitnehmer. Jene rund 2,5 Millionen Personen, die aufgrund ihres niedrigen Einkommens bisher keine Steuer bezahlt haben, kommen durch Gutschriften („Negativsteuer“) zu mehr Geld.

Die Kehrseite: Erben und Schenken von Immobilien in der Familie wird in vielen Fällen teurer. Konsumenten müssen sich wegen der Anhebung des begünstigten Mehrwertsteuersatzes von zehn auf 13 Prozent, etwa bei Tierfutter, auf Verteuerungen einstellen.

Was die Steuerreform bringt.
Was die Steuerreform bringt.(c) Grafik, "Die Presse"

► Niedrigere Steuertarife: Kernpunkt der Steuerreform ist, dass die Steuertarife für nahezu alle Einkommensklassen sinken (siehe Grafik). Der unterste Steuersatz ab einer Bemessungsgrundlage von 11.000 Euro im Jahr wird von bisher 36,5 Prozent auf 25 Prozent gesenkt. Nach der Reform gelten nunmehr sechs Steuertarife. Der bisherige Spitzensteuersatz von 50 Prozent kommt im neuen Jahr erst ab 90.000 Euro bis zu einer Million Euro im Jahr statt bisher bereits ab 60.000 Euro zum Tragen. Bei Einkommensteilen über einer Million Euro gilt der neu eingeführte Spitzensteuersatz von 55 Prozent. Dieser ist bis zum Jahr 2020 befristet und würde knapp 400 Personen treffen.

► Steuerersparnis: Für Beschäftigte, deren Jännergehälter schon im Dezember ausbezahlt werden, müsste dies durch einen höheren Nettobezug auf dem Konto bereits spürbar sein. Sonst wird der höhere Nettobezug nun erst mit der Lohnauszahlung im Jänner überwiesen. Beispiel: Nach dem Entlastungsrechner des Finanzministeriums hat ein Arbeitnehmer mit einem monatlichen Bruttogehalt von 2000 Euro pro Monat 72,86 Euro netto mehr erhalten. Im Jahr wären es in diesem Fall 872,44 Euro (Details siehe Grafik mit Tabellen über Auswirkungen der Steuerreform sowie über Zahl der Betroffenen).► Familien: Eltern profitieren außertourlich von der Steuerreform. Der Kinderfreibetrag erhöht sich von 220 auf 400 Euro im Jahr pro Kind.

► Selbstständige: Für diese kommt die Steuerentlastung mit der 2017 fälligen Einkommensteuererklärung zum Tragen. Es besteht aber die Möglichkeit, mit Verweis auf die mit 2016 geltende Steuerreform die Senkung für die vierteljährlichen Steuervorauszahlungen – via Finanz Online – zu beantragen.

► Höhere Steuergutschrift: Personen, die zwar Sozialversicherungsbeiträge zahlen, aber so wenig verdienen, dass sie keine Steuer zahlen, weil sie unter der Bemessungsgrundlage von 11.000 Euro jährlich liegen, profitieren in Form einer „Negativsteuer“. Diese wird durch eine Gutschrift, mit der de facto vom Staat ein Teil der Sozialbeiträge rückerstattet wird, ausbezahlt. Die Gutschrift erhöht sich von bisher höchstens 110 Euro auf nunmehr 400 Euro.

► Pensionisten: Mit der Steuerreform können heuer erstmals auch Pensionisten mit einer Pension unter rund 1067 Euro im Monat eine derartige Steuergutschrift geltend machen; die Beträge sind aber niedriger als bei Arbeitnehmern. Sie können für das abgelaufene Jahr 2015 beim Finanzamt 55 Euro Gutschrift beantragen. Für 2016 sollen Betroffene rückwirkend 110 Euro erhalten, diese sollen 2017 automatisch ausbezahlt werden. Bezieher einer Mindestpension, der sogenannten Ausgleichszulage in Höhe von bis zu 882,87 Euro, haben jedoch keinen Anspruch, weil es sich um eine Sozialleistung handelt. Die Gutschrift würde sonst dazu führen, dass im Gegenzug die Ausgleichszulage sinkt.

► Mehrbelastung: Als Teil der Gegenfinanzierung der Steuerreform wird ein Teil der Österreicher nunmehr allerdings stärker zur Kasse gebeten. Das werden unter anderem auch Konsumenten zu spüren bekommen, weil sie teilweise höhere Mehrwertsteuern zu zahlen haben. Der Grund dafür ist, dass der bisherige begünstigte Mehrwertsteuersatz von zehn Prozent auf 13 Prozent erhöht wird. Dieser wird nun beispielsweise beim Kauf von Tiernahrung fällig, aber auch bei Eintritten in Museen oder Theaterkarten. Betroffen von der Änderung ist außerdem der Tourismus: Ab April kommt der höhere Mehrwertsteuersatz bei Übernachtungen in Hotels zum Tragen.

► Höhere Kapitalertragssteuer: Eine weitere Maßnahme wurde auf Druck der SPÖ als vermögensbezogene Maßnahme in die Steuerreform hineinreklamiert. Die Kapitalertragssteuer auf Dividenden wird von 25 auf 27,5 Prozent angehoben.

► Gegenfinanzierung: Weitere Maßnahmen, die die rot-schwarze Koalition vereinbart hat, um einen Teil der Steuerreform zu finanzieren, hängen im Detail noch in der Luft. Das gilt insbesondere für Einsparungen bei Förderungen und in der Verwaltung, die in Summe 1,1 Mrd. Euro ausmachen sollen. Unter anderem soll dies umgesetzt werden, indem die Kosten für die Verwaltung weniger stark steigen. Teil des Pakets ist auch die Einführung der umstrittenen Registrierkassenpflicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2016)

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